Zum Jahresende gibt es nur wenige, handverlesene Kinostarts. Der amerikanische Independent-Regisseur Whit Stillman hat für seine Komödie „Love & Friendship“ die Novelle „Lady Susan“ von Jane Austen adaptiert. Wie immer bei Austen geht es um die Wahl des richtigen Ehegatten und Versorgers. Die Zuschauer erwarten geschliffene Dialoge und spritziger Humor. In der Dramödie „Baden Baden – Glück aus dem Baumarkt?“ besucht eine gerade arbeitslos gewordene Frau ihre Großmutter. In Xavier Dolans „Einfach das Ende der Welt“ hingegen steht der Heimatbesuch eines 34-Jährigen unter keinem guten Stern. In der italienischen Tragikomödie „Die Überglücklichen“ gönnen sich zwei Frauen eine Auszeit aus der Psychiatrie. Auch sie wollen sich um ihre familiären Beziehungen kümmern.
Die Überglücklichen
Regie: Paolo Virzì, Verleih: Neue Visionen
Beatrice (Valeria Bruni Tedeschi) stammt aus reichem, adeligem Hause. Sie wohnt in einem psychiatrischen Sanatorium und führt dort das große Wort. Als die verschlossene Donatella (Micaela Ramazzotti) in der Klinik ankommt, nimmt sich Beatrice ihrer an. Eines Tages werden die Frauen nicht von der Gärtnerei abgeholt, in der sie arbeiten. Beatrice und Donatella nehmen den Linienbus. Und weil sie nun unterwegs sind, müssen sie auch nicht gleich wieder zurück, findet Beatrice.
Sind Beatrice und Donatella psychisch gestört? Die Antwort des Roadmovies fällt nicht eindeutig aus. Es konfrontiert die ungleichen Frauen mit einer Realität, an der sie gescheitert sind. Erst ihre Freundschaft richtet sie wieder auf. Und dabei sorgt die überdrehte Beatrice pausenlos für Stress. In dieser Rolle läuft die wunderbare Valeria Bruni Tedeschi zur Höchstform auf. Ihr Spiel verleiht dem Film trotz seiner schweren Themen Flügel.
Einfach das Ende der Welt
Regie: Xavier Dolan, Verleih: Weltkino Filmverleih
Louis (Gaspard Ulliel) besucht nach langer Zeit seine Familie. Er will der Mutter und den Geschwistern sagen, dass er sterbenskrank ist. Aber die Angehörigen streiten sich permanent. Am aggressivsten verhält sich der ältere Bruder Antoine (Vincent Cassel). Schwägerin Catherine (Marion Cotillard) hingegen findet Louis auf Anhieb sympathisch.
Bei Xavier Dolan, dem jungen Wilden des frankokanadischen Kinos, scheitert eine Familie an sich selbst. Namhafte Schauspieler wie Vincent Cassel, Léa Seydoux und Nathalie Baye schlagen sich verbal die Köpfe ein. Das kann anstrengend werden. Aber das wuchtige Drama besitzt auch Wirklichkeitsnähe. In dieser Familie steckt so viel Sehnsucht. Nur wissen ihre Mitglieder nicht, wie sie über den eigenen Schatten springen sollen.
Bianka Piringer
Fotoquelle(n): Neue Visionen Filmverleih, Weltkino Filmverleih