An den Kinokassen dürften unter den Newcomern der Woche wohl „X-Men: Apokalypse“ und „The Witch“ vorne liegen. Aber was ist mit den anderen Neustarts, lohnen sich die? Drei von ihnen habe ich gesehen und kann sie empfehlen.
Nur Fliegen ist schöner
Regie: Bruno Podalydès, Verleih: Prokino
Michel (Bruno Podalydès), ein Mann in den Fünfzigern, neigt in letzter Zeit stark zum Träumen. Ständig denkt der Grafikdesigner an die kleinen Propellerflugzeuge, für die er schwärmt. Bei der Arbeit googelt er kreuz und quer nach allem, was sich so ergibt, und bestellt kurzerhand ein Kajak, zum Selbstzusammenbauen. Als nächstes muss das edle Stück natürlich auf einer Flussfahrt eingeweiht werden. Dass Michel keine Ahnung vom Kajakfahren hat, stört ihn nicht. Mit dem allerneuesten Equipment ausgestattet, bricht er zu einer Paddel- und Campingtour auf. Kaum hat er sich von seiner Frau Rachelle (Sandrine Kiberlain) verabschiedet, führt ihn der Fluss schon zum Landgasthof von Laetitia (Agnès Jaoui). Und dort bleibt Michel dann ein wenig länger.
Ein ungeschickter Mann in einem Kajak auf Abenteuerurlaub – kann das gutgehen? Diese herrliche Wohlfühlkomödie aus Frankreich steckt jedenfalls voller Überraschungen. Michel plagt sich öfter mit den Tücken des Objekts, aber der Sommer, die süße Trägheit des Landlebens bei Laetitia und ihren Gästen beflügeln seine Sinne. Mit Michel erleben die Zuschauer einen Trip, der einem lustig und skurril mäandernden Wunschtraum gleicht und den Kinobesuch zum erholsamen Ausflug werden lässt.
Monsieur Chocolat
Regie: Roschdy Zem, Verleih: DCM
Der Spielfilm erzählt die fiktionalisierte Geschichte des echten Zirkusclown-Duos Footit & Chocolat, das in Paris um die Wende zum 20. Jahrhundert große Erfolge feierte. Omar Sy spielt Rafael Padilla, den ersten schwarzen Zirkusartisten in Frankreich. Der alternde Clown Footit (James Thiérrée) gründet mit ihm ein Duo und weist ihm darin die Rolle des dummen August zu. Als solcher muss Padilla unter dem Namen Chocolat Slapstick vollführen und bekommt von Footit Fußtritte und Ohrfeigen verpasst. Das Duo wird bejubelt, Rafael genießt das Leben und fährt im eigenen Automobil durch die Stadt. Aber er will nicht ewig den dummen Clown spielen, sondern aufs Theater gehen.
Das Drama taucht in die Zeit der Belle Epoque ein, als die Pariser Bürger noch ungläubig staunten, wenn sie einen Afrikaner zu Gesicht bekamen. Als dummer August ist Monsieur Chocolat eine Zirkusattraktion, aber der Applaus des Publikums bedeutet keineswegs, dass er als gleichberechtigter Mensch in der Gesellschaft akzeptiert wird. Vor diesem Hintergrund gerät die Beziehung der beiden ungleichen Clowns in eine schwere Krise. Die hervorragenden Schauspieler und die atmosphärisch dichte Inszenierung sorgen dafür, dass diese vom Rassismus ihrer Epoche geprägte Geschichte die Zuschauer bewegt.
Parchim International
Regie: Stefan Eberlein, Verleih: Neue Visionen
Seit neun Jahren befindet sich der Regionalflughafen Parchim in Mecklenburg-Vorpommern im Besitz von Jonathan Pang. Der chinesische Investor und Geschäftsmann wollte den maroden ehemaligen Militärflughafen in ein internationales Handels-Drehkreuz verwandeln. Hotels, Freizeitparks und unzählige Firmen sollten dort entstehen, Parchim den wichtigsten chinesischen Stützpunkt in Mitteleuropa bilden. Doch aus den hochfliegenden Plänen wurde – noch – nichts. Der Dokumentarfilm begleitet Pang über mehrere Jahre, beobachtet die wenigen Flughafenangestellten zwischen Hoffen und Bangen. Eine wahre Geschichte über die Provinz und die Globalisierung, deren possenhafte Züge mit Sinn für Humor herausgearbeitet werden.
Bianka Piringer
Bildrechte: DCM, Neue Visionen, ProKino