Beyond Flesh and Blood will die 80er/90er zurück in euer Wohnzimmer bringen. Das Videospiel des kleinen Indie-Entwicklers Pixelbomb vermischt coole Mechs mit einem post-apokalyptischen Manchester. Doch bietet der Titel neben dem erfrischenden Setting auch die nötige spielerische Tiefe?
Zurück zur Erde
In Beyond Flesh and Blood nimmt der Spieler die Rolle eines Soldaten des United Global Remnant (UGR), welcher sich auf einer Raumstation infolge der Zerstörung der Erde angesiedelt hat. Die dystopischen Überreste werden nun aber von skrupellosen Rebellen und Aliens heimgesucht, die es nun auszulöschen gilt. In unserem Hands-On durften wir ein fast fertiges Spiel beurteilen, welches einen sehr guten Eindruck hinterließ. Wir erlebten eine Art Trainingssimulation, in der unser Protagonist zusammen mit seinem Vater das Steuern eines Mechs lernte. Für uns als Spieler war dieses Level gleichzeitig das Tutorial, welches uns mit den grundlegenden Funktionen vertraut machte, aber ab einem gewissen Punkt nicht mehr zu schaffen war. In einer Matrixähnlichen Sequenz erfahren wir, dass es nur eine Trainingssimulation war und der wahre Kampf erst noch beginnt. Natürlich ist nicht alles so schwarz und weiß wie es von der UGR dargestellt wird und den Spieler erwarten im Verlauf der Geschichte einige interessante Wendungen.
Spielerisch zeigte Beyond Flesh and Blood einige clevere Mechanismen, welche immer mit einer ausgefeilten Logik der Story des Spiels angepasst wurden. So bedeutet ein verlorenes Leben nicht, dass der Held wie durch ein Wunder am Start des Levels wiedergeboren wird. Stattdessen ist der Mech (Der ja via Gedankensteuerung aus der Ferne kontrolliert wird) zerstört und ein Ersatzmodell wird geschickt. Sind keine Modelle mehr verfügbar, bedeutet dies Game Over. Auch die Einsatzmöglichkeiten der verschiedenen Mechs waren sehr unterschiedlich gestaltet. So gibt es zu Beginn einen sehr agilen, menschenähnlichen Mech, welcher im Verlauf des Spiels gegen immer stärkere Mechs ausgetauscht werden kann. Neben dem Einsatz von Schusswaffen und roher Gewalt, nutzt Beyond Flesh and Blood auch seine Umgebung. So können elektronische Objekte wie Geschütztürme und Kameras gehackt und zum eigenen Vorteil eingesetzt werden. Der Spieler stößt jedoch neben der blutigen Action auch immer wieder auf kleine Rätsel- und Puzzleeinlagen. Munition regeniert sich in Beyond Flesh and Blood zudem selbstständig und muss nicht eingesammelt werden.
Düstere Sci-Fi-Dystopie
Neben dem durchaus gelungenen Gameplay, kann sich auch die Inszenierung und Präsentation des Titels sehen lassen. Die dreckige und schmutzige Optik des vom Krieg verwüsteten Manchesters, gepaart mit futuristischen Dubstep-Beats (die tatsächlich einmal nicht befremdlich wirken) sorgen für eine tolle, erwachsene Sci-Fi Atmosphäre. Um die vielen brutalen Animationen besser zur Geltung zu bringen, handelt es sich beim Titel außerdem um keinen Ego-Shooter. Stattdessen befindet sich hinter dem Mech eine kleine, filmende Drohne die das Spiel aus der Third-Person darstellt. Auch hier wurde wieder auf kleine Details geachtet: Verliert ein Mech z.B. zu viel Energie oder befindet sich außerhalb der Operationsreichweite, beginnt ein immer stärker werdendes Flimmern. Auch hat man sich wohl etwas von Dark Souls inspirieren lassen und neben der „erzählten Story“ eine „zu entdeckende Story“ eingebaut. Indem der Spieler alte Gegenstände betrachtet und auf Internetseiten der Vergangenheit zugreift, deckt er Stück für Stück mehr Hintergründe auf. Nach unserer Anspielsession machte Beyond Flesh and Blood einen sehr ambitionierten Eindruck und es bleibt abzuwarten, wie sich die fertige Version auf PC, PS4 und Xbox One schlägt. Der Ersteindruck ist aber auf jeden Fall optimistisch.
Zum Abschluss haben wir noch ein kleines Interview mit den Mädels und Jungs von Pixelbomb für euch:
1. Erzählt uns doch ein bisschen über euch und euer Studio Pixelbomb.
Ich bin Lee Blacklock und habe zusammen mit Philip Muwanga das Studio Pixelbomb Games gegründet. Wir sind außerdem die Co-Produzenten von Beyond Flesh and Blood. Anfangs haben wir Beyond Flesh and Blood mit Hilfe der Unreal Engine 3 entwickelt und in dem Moment, in dem wir vorzeigbares Material hatten, sind wir damit sofort bei Steam Greenlight online gegangen. In weniger als 2 Wochen wurde unser Spiel durch die Community genehmigt und es gab viel positives Feedback. Ab diesem Punkt haben wir damit begonnen, weiteres Personal einzustellen und das Team aufzubauen, welches für das Spiel verantwortlich ist wie ihr es heute seht. Wir sind ein kleines Start-Up Unternehmen und jeder hier arbeitet hart, um Beyond Flesh and Blood so gut wie möglich zu machen.
2. Wie lange hat es gedauert, Beyond Flesh and Blood zu realisieren? Von der ersten Skizze bis zum fertigen Gameplay-Material?
Unser erstes Konzept war mit Hilfe der Unreal Engine 3 recht schnell auf die Beine gestellt, welches wir im Anschluss zu einem funktionierenden Spiel basierend auf der Unreal Engine 3 entwickelt haben. Es gab jedoch diesen Moment, in dem wir realisiert haben, dass wir das komplette Spiel von Grund auf neu in der Unreal Engine 4 entwickeln müssen. Das war vor ungefähr einem Jahr und nun sind wir nahezu fertig mit unserer Arbeit.
3. Welche Herausforderungen haben sich während der Entwicklung ergeben? Beruflich, aber auch persönlich?
Der Entwicklungsprozess entpuppte sich als ausgesprochen interessant. Wie bereits erwähnt, nahm alles als sehr kleines Team mit Hilfe der UE3 seinen Anfang. Unser Ziel war es, einen kleinen Titel zu kreieren, der hoffentlich für PC erscheint. Als das Interesse an Beyond Flesh and Blood jedoch zunehmend wuchs, im Zuge der Steam Greenlight Aktion und indem wir den Titel auf Messen wie der EGX, PlayExpo und GDC zeigten, wuchsen auch unsere Ambitionen. Das Spiel, das nun erscheint, ist kein Vergleich zu dem „kleinen Titel“ von damals. Er erscheint nun für PC, PS4 und Xbox One als Download und Retail. Dabei war die größte Herausforderung die Entscheidung, den Titel komplett neu in der UE4 aufzubauen.
Als Microsoft Interesse zeigte, uns in das ID@Xbox Programm aufzunehmen, merkten wir jedoch, dass der Schritt mit UE4 zu entwickeln nötig ist, um das Maximale aus der aktuellen Konsolengeneration herauszuholen. Es war ein harter Job, sämtliche Maps und Assets nicht nur nachzubauen sondern natürlich auch zu verbessern. Wir sind jedoch nach all den Überstunden und schlaflosen Nächten stolz darauf, was wir in dieser kurzen Zeit erreicht haben.
4. Habt ihr bereits vor der Gründung von Pixelbomb in der Videospiel-Industrie gearbeitet?
Bevor wir unsere Karrieren gestartet haben, machten wir beide unsere Abschlüsse im Computer Games Development an der Universität von Abertay und der Universität von Salford. Wir sind nun seit gut 10 Jahren in der Videospielentwicklung tätig und fanden, dass es an der Zeit ist, ein eigenes Studio zu gründen.
Ich selbst habe in diversen großen Mainstream und mittelgroßen Firmen gearbeitet, während Phil als Indie-Entwickler tätig war und bereits einige eigene Projekte über Xbox Live Marketplace veröffentlicht hat. Unsere verschiedenen Erfahrungen in der Branche haben sich perfekt ergänzt.
5. Erinnerst du dich noch an deine ersten Schritte als Videospielentwickler?
Auf jeden Fall! Es war und ist auch heute noch immer nicht einfach, einen Job in der Branche zu bekommen, obwohl es viele verschiedene Wege in diese gibt. Ich war gerade mit der Uni fertig und reiste quer durch das Land, um mich für Jobs wie QA Tests, Game Design, Level Design und 3D Art zu bewerben. Phil nahm dagegen einen anderen Weg und entschloss sich stattdessen, ein eigenes Spiel zu entwickeln. Heutzutage scheint es viele Initiativen und Wettbewerbe zu geben, welche den Einstieg in die Videospielbranche erleichtern sollen. Die Grundvoraussetzung ist jedoch immer noch Motivation und Leidenschaft.
6. Wie beurteilt ihr die Independent-Szene heute? Vor allem die Masse an 8- und 16-Bit Spielen?
Es ist ein wunderbarer Zeitpunkt, Independent zu sein, da es viel mehr Freiraum und Möglichkeiten gibt, sein Spiel zu veröffentlichen und einer breiten Masse zugänglich zu machen. Gleichzeitig bedeutet dies jedoch auch viel mehr Konkurrenz und Wettbewerb, was zwar gut für den Verbraucher ist, es aber viel schwerer für den Entwickler macht, aus der Masse herauszustechen. Das Aufkommen von 8- und 16-Bit Spielen ist wohl der Tatsache zu verdanken, dass viel kleinere Teams an diesen arbeiten können und die Entwicklung kostengünstiger ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Entwicklung einfacher ist. Bei Beyond Flesh and Blood war jedoch 3D die einzige Option, um unseren Anspruch an diesen epischen Action-Titel mit all den verschiedenen Mechs, Gegner, den blutigen Over-The-Top Animationen und den großen Leveln gerecht zu werden.
7. Könnt ihr von der Entwicklung eurer Spiele leben oder benötigt ihr einen weiteren Job?
Phil hat mir erzählt, dass er in seiner Anfangszeit als Indie-Entwickler auf einen Zweitjob angewiesen war. Als er jedoch sein erstes Spiel erfolgreich veröffentlicht hatte, konnte er sich selbst finanzieren, da er unter anderem auch als Freelancer Auftragsarbeiten für andere Entwickler erledigte. Mit Pixelbomb haben wir alle unseren Vollzeitjob und können, unter anderem dank Spenden, die Entwicklungskosten komplett decken.
8. Woher habt ihr die Inspiration für euren Art-Style gefunden? Manche Elemente, vor allem aber die Mechs, wirken, als entstammen sie einem japanischen Anime.
Beyond Flesh and Blood entstammt vor allem unserer Liebe zu den blutigen, überdrehten Action-Spielen der 90er. Wir lieben Sci-Fi, Roboter, Mechs und Anime. Unser Art Lead Steven Desykes möchte noch folgendes hinzufügen: „Beyond Flesh and Blood spielt 200 Jahre in der Zukunft eines post-apokalyptischen Manchesters – nachdem ein gigantischer Krieg die Erde zerstörte und ein kleiner Teil der Erdbevölkerung, in der Hoffnung eines Tages zur Erde zurückkehren zu können, auf eine Raumstation namens Tree of Life gesendet wurde.“
Unsere Hauptinspiration war jedoch die wundervolle Vielfalt der Gebäude und Landschaften innerhalb von Manchester. Es war eine aufregende und herausfordernde Aufgabe, Elemente aus Manchester zu nehmen und diese ähnlich dem heutigen Chernobyl neu zu designen. Für das grundsätzliche Gefühl unseres Spiels wollten wir den rohen und brutalen Stil der Actionfilme der 80er und 90er wiederbeleben. Für unsere Antagonisten – Rebellen, welche die Erde besetzen – haben wir uns z.B. vom Genre des Anarcho-Punk inspirieren lassen, da wir fanden, dass der anarchistische, brutale Look des Punk-Stils der schroffen, aggressiven Natur der Rebellen entspricht. Im Kontrast dazu wollten wir, dass die UGR (United Global Remant), auf deren Seite der Spieler steht, sehr imperialistisch und dominant wirken.
9. Konzentriert sich das Spiel auf den Singleplayer-Modus oder gibt es auch einen PvP Modus?
Beyond Flesh and Blood ist ein Singleplayer-Spiel mit Story-Mode und einem zusätzlichen Wave Survival Mode. Die Story-Kampagne nimmt den Spieler mit auf eine Reise durch Manchester. Der Spieler wird verschiedene Tactical Combat Frames (Mechs) steuern können, um sich gegen die Rebellen und monströse Aliens zur Wehr setzen zu können. Wir scheuen uns nicht vor dem Einsatz exzessiver Gewalt, weshalb es viele Tötungsanimationen, Zerstückelungen und viel Blut geben wird. Außerdem wird es auch einige Rätsel geben, die man unter anderem mit Hilfe seines Mechs lösen kann.
Im Wave Survival Mode kämpft man sich durch Horden von Gegnern, wobei das Spiel mit jeder absolvierten Welle schwerer wird. Dabei werden die verschiedenen Gegner-Typen unterschiedlich kombiniert. Ziel ist es, so lange wie möglich durchzuhalten und die Highscores anderer Spieler zu knacken. Wir arbeiten an einem Koop-Modus für Wave Survival – dieser wird aber wahrscheinlich erst nach Release folgen.
10. In einem eurer ersten YouTube Gameplay-Trailer kritisierten einige die gezeigte Framerate. Sollte das gezeigte Bildmaterial cineastisch wirken, oder gab es zu der Zeit tatsächlich Probleme mit der Performance des Spiels?
Ich weiß gerade nicht genau, welchen Trailer du meinst, aber es kann gut sein, dass es zu der Zeit noch Framerate-Einbrüche gab, da wir uns in einem sehr frühen Entwicklungsstadium befanden. Jedoch haben wir auch Slow-Mo Passagen in Beyond Flesh and Blood (ähnlich zu den Max Payne Spielen), welche der Spieler auslösen kann, um Gegner effizienter zu bekämpfen. Es könnte sein, dass eine dieser Slow-Mo Szenen im Trailer vorkam, aber der Kontext für den Zuschauer nicht ersichtlich war.
11. Gibt es noch etwas, dass ihr unseren Lesern erzählen wollt?
Mit Beyond Flesh and Blood haben wir ein Spiel geschaffen, welches herausfordernd, unterhaltsam, actionreich und vor allem schnelllebig ist. Durch das Feedback der Community hatten wir bereits die Möglichkeit, herauszufinden, was die Gamer besonders gut an unserem Spiel fanden. Während unserer Präsentationen auf Messen konnten sowohl Fachpresse als auch Endkunden eine Demo unseres Spiels austesten – und das Feedback war sehr positiv. Vor allem die brutale Over-the-Top-Action kam gut an. Auch das Setting in Manchester, sowie spezielle Waffentypen erhielten positives Feedback. Spieler fanden es ziemlich cool, dass unsere Mechs gedankenkontrolliert sind und dass Mechs in noch größere Mechs steigen können, um diese zu steuern. (Im Steam Forum wurde dieses Feature „Mechception“ getauft). Das generelle Feeling der Mechs war uns außerordentlich wichtig und wurde von den Spielern gut angenommen. In der Demo hatten wir 2 verschiedene Mechs vorgestellt: einen sehr großen Mech fürs Grobe und einen kleinen, menschenähnlichen schnellen Mech. Journalisten und Spieler waren sich einig, dass die unterschiedliche Spielweise, die jeder Mech mit sich bringt, ein sehr gutes Spielgefühl vermittelt.
Jeder, der Mechs, Roboter und blutige Over-the-top Gewalt mag, sollte Beyond Flesh and Blood auf jeden Fall ausprobieren.
Wir danken Lee Blacklock für das freundliche und informative Interview!
Preview & Interview von Kevin Kunze
Bildquelle(n): © Pixelbomb Games