Am 15. und 16. Oktober war es in Berlin nun so weit: Die erste Convention, die Comics thematisiert, fand in der Hauptstadt statt. Die German Comic Con Berlin 2016 bot neben bunter Comic-Vielfalt aber auch einige Mängel.
Altes im Neuen Gewand
Größere Veranstaltungen zu Comics gab es in der Berliner Metropole natürlich schon. Allerdings schmückte sich noch keine davon mit dem Titel einer Convention. Die jährlich zweimal stattfindende Berliner Comicmesse beispielsweise bietet alles, was ein Sammlerherz begehrt. Zahlreiche Comichändler verkaufen dort alte und neue Comics. Für einen schmalen Eintrittspreis (2 – 4 Euro) findet man hier derweil auch richtige Raritäten.
Zu erwähnen wäre auch unbedingt die Comic Invasion Berlin, die jedes Jahr mehrere Tage lang Verlage, Künstler, Händler und Comic-Leser zusammenbringt. Neben den üblichen Ausstellungstischen finden dabei auch Comic-Workshops statt, um auch einmal selbst zum Stift zu greifen und kreativ zu sein. Und das alles kostenlos.
Die German Comic Con Berlin 2016 ist ein Amalgam. Sie will die Vorzüge kleinerer Messen zu einem Großen und Ganzen verbinden. Dazu gesellen sich auch noch einige Größen aus Film und Fernsehen, denen man für einen gewissen Obolus dann bei einem Fotoshooting oder einer Autogrammstunde etwas näher sein darf – ganz im Sinne einer San Diego Comic Con. Einen Eintrittspreis gibt es natürlich auch.
So konnte man sich zwei Tage lang diesen Herbst in den kleineren Messehallen in Berlin an der bunten Comicwelt berauschen. Oder daran, was dafür gehalten wird. Unzählige Merchandise-Händler verteilten sich auf die beiden Hallen. Darunter Figuren-, T-Shirt- oder Schwert-Replik-Verkäufer. Die anwesenden Promis standen ihren Fans auf der Bühne Rede und Antwort. Auf einer kleineren Bühne taten dies Comiczeichner ebenso. Hervorzuheben ist aber die internationale Ausrichtung der Convention: ‚Gastland‘ war die Comic-Nation Italien. Somit waren viele Comic-Vertreter eben jenes Landes anzutreffen.
German Comic Con Berlin 2016 – Künstlerausblick
Wie es sich für eine Comic Con gehört, konnte man selbstverständlich mit verschiedensten Comic-Zeichnern auf Tuchfühlung gehen. Dessen wurden selbst wir nicht müde. Mit vielen Künstlern haben wir gesprochen und stellen euch einige davon mit ihren Projekten vor.
Tomppa – The Counselor, Der Engel
Der Potsdamer Tomppa hatte 2011 die Chance, im Zuge eines Talentwettbewerbes die Comic-Urgesteine Todd McFarlane und Stan Lee in den USA zu treffen und mit ihnen eine Comicreihe auf die Beine zu stellen. Die abgeschlossene Miniserie The Counselor entsprang der damaligen Kooperation und kann sich sehen lassen. Seine Berliner Superheldengeschichte Der Engel befindet sich in den letzten Zügen eines Abschlusses. Die letzte Ausgabe können wir im nächsten Jahr erwarten.
Tomppa findet die Übernahme der amerikanischen Conventions in Deutschland vielversprechend. Vor allem für die Künstler bietet eine Comic Con starkes Potenzial: Hier erwartet sie ein breiteres Publikum, das in dieser Art auf keiner anderen Comic-Veranstaltung in Deutschland zu finden ist. Auf eine Comic Con gehen nicht nur Comic-Spezialisten, sondern aufgrund des ganzen Drumherums auch Fans, die vielleicht nur Comic-Verfilmungen kennen und somit einen Einstieg in die Materie bekommen. „Leider haben das noch nicht die Verlage erkannt“, sagt Tomppa.
Marie Sann – Kinky Carrot, Frostfeuer, Krähen
Marie Sann ist ein Berliner Talent, das mehrere Stärken besitzt. Sie startete in ihre Karriere bei Tokyopop als Mangazeichnerin und konnte später mit ihrer Arbeit an der Comic-Übertragung des Kai Meyer-Romans Frostfeuer mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Momentan arbeitet sie hauptsächlich an ihrem Projekt Kinky Karrot: erotische Illustrationen im Pin-up-Stil.
Weil wir ihre Manga- und Comic-Arbeiten durchaus schätzen, fragten wir nach, ob wir auch in Zukunft wieder ein Band von ihr in den Händen halten dürfen. „Für den nächsten Sommer plane ich Comic-Geschichten im Stil meiner Kinky Karrot-Illustrationen. Das Projekt möchte ich über Crowd Funding finanzieren“ – wir sind schon gespannt!
Comic-Projekt: Hemispheres
Als eines der aufsehenerregendsten Comic-Projekte, die wir auf der German Comic Con Berlin 2016 kennenlernen durften, gilt Hemispheres. Sascha Grusche, Simon Pape und Christopher De La Garza kreieren mit viel Ehrgeiz und Können eine dystopische Zukunftsvision, in der zwei Welten aufeinanderprallen. Hemisphere Band I – Corpus Separatum ist eine Graphic Novel, die sich dem menschlichen Verantwortungsbewusstsein gegenüber Natur, Umwelt und Sozialem aufdrängt. Wunderschöne Illustrationen bilden einen Kontrast zum dystopischen Sujet und zeugen von der Innovation der drei Comic-Künstler.
Neben dem ersten Band sind noch zwei weitere geplant – Der zweite ist aktuell in Arbeit. Das Projekt hat schon einiges an Aufmerksamkeit – nicht nur in der Comic-Szene – erregt. Selbst dem Feuilleton liegt die bereits erschienene Graphic Novel am Herzen. Der Tagesspiegel zeichnete gar das Marketing aus. Dafür zuständig ist De La Garza. Für die Finanzierung des zweiten Bandes stellt er wie schon bei Band eins Crowdfunding in Aussicht.
Aller Anfang ist schwer
Auch wenn nicht alles glatt lief: die German Comic Con Berlin 2016 zeigte, was möglich sein könnte. Hier bieten sich Chancen für Künstler und Verlage, ihre Fans und diejenigen, die es noch werden möchten, kennenzulernen und sich zu präsentieren. Auch wenn der Starrummel wirklich nicht nach unserem Geschmack war und sich ein Autogrammwunsch ausschließlich nach einer zum hohen Eintrittspreis hinzuzuaddierenden Zahlung richtet, fanden wir die zweitägige Veranstaltung für den Anfang durchaus gelungen. Wir können nächstes Jahr gespannt sein, wenn die German Comic Con Berlin 2017 vom 30. September bis 1. Oktober ihre Tore öffnet.
Marc Zehmke
Bildquelle(n): Philip Brülke; Cool Conventions GmbH