Folge Sechs von Game of Thrones ist da und nach den ereignisreichen Folgen der letzten Wochen, lehnt sich “Blut von meinem Blut” ein wenig zurück und lässt es ruhig angehen. Das heißt aber noch lange nicht, dass am Sonntag nichts passiert ist. Also schauen wir uns das ganze mal genauer an. Und wie jede Woche:
Valar Spoileris – All men must spoil
Entspanntes Abendessen bei den Tarlys
Ja, von wegen “Valar Morghulis”. Es ist schwer, sich zu erinnern, wann es das letzte Mal eine Game Of Thrones-Folge komplett ohne Tode gab. Darum hab ich das natürlich gegoogelt. Insgesamt ist “Blut von meinem Blut” wohl die fünfte Folge ohne Body-Count und die erste seit Staffel 4 – Folge 6. Beeindruckend.
Friedlich ging es dennoch absolut nicht zu, denn sehr früh dürfen wir Samwells wundervollen Vater, Randyll Tarly, kennenlernen. Wer begrüßt seinen Sohn nicht gerne mit “Bist du nicht schon fett genug”? Interessant ist, dass in der gesamten Sequenz auf Horn Hill relativ wenig von Substanz geschieht, das aber nicht wirklich problematisch ist. Wir wissen zwar von Sams Verhältnis zu seiner Familie und am Schluss fahren er und Gilly unverändert gemeinsam weiter nach Oldtown. Dennoch hat die Dinner-Szene Spannungen, Humor und entwickelt Sam und Gilly (wenn auch nicht viel). Wir bekommen in wenigen Minuten vor Augen geführt, was Samwell zu dem Mann machte, der er jetzt ist, und die Beziehungen zwischen den verschiedenen Familienmitgliedern wird ebenfalls schnell und effizient demonstriert. Nicht die wichtigste Szene, aber trotzdem sehenswert.
Ein Mädchen hat sich entschieden. Aber nicht so richtig. Oder doch? Nee…
Der Plot um das House of Black and White wird immer noch nicht wirklich ersichtlich. Was genau Jaqen für Motive hat, ist weiterhin unklar und Arya wechselt ihre Gesinnung mittlerweile im Minutentakt. Es ist immer noch ein Rätsel, wie sie ihr Augenlicht zurückerlangte, da sie ja offensichtlich alles andere als “Niemand” ist. Jedoch abgesehen von all dem, ist es (ähnlich wie bei Daenerys in der letzten Folge) extrem erfrischend, mal wieder Aryas menschliche Seite zu sehen. Game of Thrones hat manchmal die Tendenz, starke weibliche Charaktere mit skrupellosen radikalen weiblichen Charakteren gleichzusetzen. Es ist immer schön, das Gegenteil zu sehen. Arya ist in ihrem Gespräch mit Lady Crane so sympatisch wie schon ewig nicht mehr. Und nicht jeder Charakter muss ein Charme-Bolzen sein. Aber wenn man sich für sie interessieren soll, ist es schon nützlich, wenn einem die Möglichkeit gegeben wird, sich emotional zu binden. Das ist nun endlich mal wieder passiert und endlich ist Arya wieder mehr als ihre Todesliste, die seit über einer Staffel fast ihren gesamten Charakter definiert hat. Wollen wir mal sehen, wie sie sich aus ihrer jetzigen Situation herausmogeln wird.
(Als Randnotiz: War die Diskussion zwischen Lady Crane und dem Autoren des Theaterstücks doppeldeutig? Machen die Autoren sich über sich selbst lustig? Durchaus empfehlenswert, sich das ganze mit dieser Interpretation noch einmal anzusehen)
Benjen Coldhands
Einer von zwei großen Reveals dieser Folge: Nach über fünf Staffeln Absenz nördlich der Mauer kehrt Benjen Stark endlich zurück und ein großer Teil des Durchschnittspublikums fragt sich zu recht: WER ist das nochmal? Das Auftauchen von Neds kleinem Bruder verspricht jetzt schon, ein extrem wichtiger Faktor für den Verlauf von Brans Reise zu werden. Nicht nur scheint er einiges über die White Walker und die Children of the Forest zu wissen, er könnte auch wichtige Informationen zu Lyanna Starks Entführung oder der Geburt ihres Kindes haben. Die Tatsache, dass Benjen und “Coldhands” der selbe Charakter sind, wurde in Behind-the-Scenes Material bereits von Show-Runner D.B. Weiss bestätigt. Das ist allem voran deswegen interessant, weil George R. R. Martin bereits vor Jahren bestätigte, dass dies in den Büchern NICHT der Fall sei. Dort ist der geheimnisvolle Coldhands schon sehr lange mit Bran unterwegs und niemand weiß genau, um wen es sich handelt. Aber vielleicht zieht George seine Leser nur auf, es wäre nicht das erste Mal.
Ebenfalls erwähnenswert sind mal wieder Brans Visionen. Neben Ausschnitten von Hardhome, der Red Wedding oder Eddards Enthauptung, sehen wir außerdem den Befehl von König Aerys II, King’s Landing niederzubrennen und seinen darauf folgenden Tod durch Jaime Lannisters Schwert. Die Wildfire-Explosion, die darauf folgt, wirft aber einige Fragen auf, denn diese sollte eigentlich nicht geschehen sein. Eine Vision von einer anderen Timeline? Danach sehen wir kurz eine blutige Hand, die vermutlich Ned Stark gehört, als er seine Schwester Lyanna im Tower of Joy vorfindet. Mysteriös, mysteriös.
Yay, religiöse Regierung!
Was könnte hier schon schief gehen? Was den King’s Landing Plot aktuell so interessant macht, ist, dass wir die Motive von Cercei, Jaime, Olenna und Kevan zu kennen scheinen, aber uns das, was in Margaerys und Tommens Köpfen vorgeht, noch ein komplettes Rätsel ist. Tommen wollte zu Beginn der Staffel mehr Durchsetzungsvermögen zeigen, wurde bisher aber gnadenlos als Marionette misbraucht und verbündet prompt den Glauben und die Krone. Margaery hält unterdessen gerade noch ihrem Bruder eine Rede darüber, wie sie ihre Scharade aufrecht erhalten muss, scheint jetzt aber sehr tief in ihrer Rolle gefangen zu sein (wenn es überhaupt noch eine Rolle ist). Wurden sie wirklich vom High Sparrow manipuliert? Oder steckt ein größerer Plan zugunsten des gemeinen Volkes hinter Tommens Entscheidung?
Game of Thrones: Blut von meinem Blut – Fazit
Folge 6 ist eindeutig auf der seichteren Seite dieser Staffel und verbringt viel Zeit mit Dialogen und Charakter-Momenten. Im Gegensatz zu Folge 3 sind diese aber schlicht und einfach besser umgesetzt und greifen schöner ineinander, was wieder durch Fokus auf wenige Settings erreicht wird. Kein Jon, keine Sansa, kein Tyrion, keine Greyjoys und kein Dorne lassen den anderen Handlungen Platz zum Atmen. Die kurze Szene von Walder Frey ist super. Kurz und prägnant. Die einzige Filler-Szene ist eigentlich das Finale mit Daenerys und Drogon. Zweck dieses Auftrittes war vermutlich nur, den Fans mit geringerer Aufmerksamkeitsspanne noch schnell einen Drachen zu zeigen. Danys Rede ist zwar beeindruckend, aber im Großen und Ganzen nur leeres Spektakel. Die Dothraki folgen ihr schon. Es gibt eigentlich keinen Grund für weitere Überzeugungsversuche.
“Blut von meinem Blut” gibt uns genau das, was wir von der Mitte einer Game Of Thrones Staffel erwarten: Ruhe, Gelassenheit, Konzentration auf Charaktere und nur manchmal einen leichten Mangel an erzählerischem Fokus. Und Benjen.
RIP:
- Oh, ähm…
- Aerys II. Targaryen? Nee, das ist zwanzig Jahre her…
- Ein paar Wights? Auch nicht, das sind Untote…
- Ein Hase, erlegt von Benjen?
- Keine Ahnung, ich geb auf: KEINER!