Die Comic-Reihe Civil War aus dem Jahre 2007 zählt zu den einflussreichsten Marvel-Geschichten der neueren Zeit. Da ist es klar, dass die Verfilmung eben jenes Stoffes hohen Erwartungen gerecht werden muss. Ob der Film das Potential hat, die Vorfreude zu bestätigen, wenn er am 28. April auch in den deutschen Kinos anläuft, erfahrt ihr hier bei uns.
Gleich und doch anders
Der Civil War-Comic umspannte 7 Einzelausgaben. Ein eigentlich müheloses Unterfangen für einen knapp 2,5 Stunden langen Film. Jedoch muss man berücksichtigen, dass diese Geschichte irgendwie auch zu den bisherigen Geschehnissen passen muss und dass das Geschichten umspannende Gerüst der Comicreihe ein vielfaches der Einzelausgaben übertraf. Daher mussten natürlich Abstriche gemacht werden, was dazu führt, dass Captain America – Civil War kaum noch etwas mit seiner Comic-Vorlage gemeinsam hat. Stattdessen erwarten uns 147 Minuten voll feinster Explosionen, Superhelden die sich gegenseitig verprügeln und fast schon eine neue Art des Kinos.
Denn wo Filme wie Transformers ebenfalls von ihrer Action und überladenen Special-Effects lebten, verloren sie dabei vor allem eines: Niveau. Captain America – Civil War hat beides. So erkennt man das Handwerk der Regisseur-Brüder Anthony und Joe Russo sofort und könnte bereits prognostizieren, dass die beiden zu DEN Ausnahmeregisseuren avancieren, wenn es um Comicverfilmungen geht und sogar Joss Whedon hinter sich zurück lassen dürften. Trotzdem versteckt sich auch der neueste Eintrag des Marvel Cinematic Universe nicht davor, einfach nur Unterhaltung sein zu wollen. Die Russos erwarten vom Zuschauer, dass er selbst bereits ein Teil des filmischen Marvel-Universums geworden ist. Er weiß, welche Vorlieben, Eigenarten und Schwächen unsere Helden und Schurken besitzen – und warum es besonders lustig ist, wenn Peter Parker über seine Tante sagt, dass diese in den vergangenen Jahren bereits mehrere Formen angenommen habe.
Civil War – Story trifft auf viel Krach
Tatsächlich – und das unterscheidet Civil War von anderen Krach-Bumm-Blockbustern – gibt es aber auch eine Geschichte. Wer alles durchblicken möchte, sich an jeder Referenz erfreuen will und darauf steht, bei jedem Zitat erleuchtet mit dem Finger zeigen zu können, muss sich natürlich durch die bisherigen 12 Filme des Marvel Cinematic Universe kämpfen. Um die emotionale Bindung zwischen Captain America und dem Winter Soldier zu verstehen, reicht es jedoch, sich mit den ersten beiden Captain America-Filmen und vielleicht noch Avengers 1 & 2 zu begnügen. Wie oben bereits erwähnt, hat der Film nur noch sehr grobe Gemeinsamkeiten mit seiner Comic-Vorlage. So ist es kein Superhuman Registration Act der amerikanischen Regierung, welcher unsere Helden in zwei Lager teilt, sondern ein Gesuch der UN, die Avengers ihnen zu unterstellen und sie zu einem Kriegswerkzeug der Vereinten Nationen zu machen. Während Iron Man alias Tony Stark diesen Antrag unterstützt, da er die Kompetenzen der Avengers aufgrund zahlreicher ziviler Opfer, welche die jüngsten Einsätze verzeichnen mussten, in Frage stellt, fürchtet Captain America zu einer willenlosen Waffe gemacht zu werden und nicht mehr für seine Ideale und eine bessere Welt kämpfen zu können. Doch vor allem würde ein solches Unterfangen bedeuten, dass die Avengers nicht mehr auf eigene Faust Ermittlungen führen können und Personen wie Scarlet Witch und der Winter Soldier der Regierung ausgeliefert werden müssen.
Letztere Person ist der Knackpunkt und auch der entscheidende Grund, weshalb sich Captain America und Iron Man gegeneinander stellen. Die starke emotionale Bindung, die Captain America zu seinem früheren besten Freund Bucky Barnes hat, ist für ihn Anlass genug dessen angebliche Verbrechen als Winter Soldier zu untersuchen und ihn vor einer Inhaftierung zu beschützen. Diese Ausgangssituation erscheint im Vergleich zur Vorlage zu minimalistisch, zu komprimiert – fügt sich jedoch gnadenlos gut in die bereits bestehende Geschichte ein und bringt die sogenannte Phase 2 des Marvel Cinematic Universum perfekt auf das nächste Level. Die Russo Brüder haben aus diesem Setting das maximale herausgeholt und zeigen vor allem, welche Motivation jeder einzelne der anwesenden Helden von Captain America, Black Widow, Falcon, Hawkeye, Ant-Man über Neulinge wie Black Panther und natürlich Spider-Man mit in diesen Kampf bringt. Alles in allem ist Captain America – Civil War ein gelungener Film, der trotz gewaltigen Explosionen, überladenen Kämpfen und überdurchschnittlich vielen Special Effects auch Emotionen, Inhalt und Niveau in seinem Repertoire hat. Comic-Puristen könnten sich vielleicht darüber ärgern, dass von der Vorlage recht wenig übrig geblieben ist. Grundsätzlich erwartet euch aber der erste Anwärter auf den Action-Film des Jahres
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Kevin Kunze
Bildquelle(n): Disney / Marvel