Etwas bescheiden kommt auch die zweite Kinowoche des neuen Jahres daher. Denn erstens sind die Kinostarts zahlenmäßig spärlich und zweitens befinden sich nur wenige echte Attraktionen unter ihnen.
Mit dem Anime „Your Name – Gestern, heute und für immer“ kommt der erfolgreichste japanische Film aller Zeiten nun auch zu einer Stippvisite in deutsche Kinos. Genauer gesagt, wird die Körpertausch-Romanze am 11. und am 14. Januar gezeigt. In dem Actionthriller „The Commuter“ schlägt sich Liam Neeson in der Rolle eines New Yorker Pendlers, der Menschenleben retten muss, ganz wacker.
Enttäuschend fällt hingegen Woody Allens neuer Film „Wonder Wheel“ aus, und das, obwohl Kate Winslet darin wirklich gut spielt. Ein schwules Paar steht im Zentrum des deutschen Beziehungsdramas „Ein Weg“. Der spanische Animationsfilm „Tad Stones und das Geheimnis von König Midas“ basiert als turbulente komödiantische Schatzsuche auf dem Grundrezept der Indiana-Jones-Abenteuer. Der mexikanische Regisseur Amat Escalante stellt in seinem neuen Film „The Untamed“ eine interessante Verbindung zwischen sozialkritischem Drama, Horror und Mystery zum Thema Sexualität her.
Last but not least starten auch zwei Dokumentarfilme, in denen Künstler porträtiert werden. „Julian Schnabel: A Private Portrait“ widmet sich dem Maler und Regisseur von „Schmetterling und Taucherglocke“. Auch der im Titel „Tony Conrad – Completely in the Present“ genannte Künstler trat unter anderem als Filmemacher in Erscheinung.
The Commuter
Regie: Jaume Collet-Serra, Verleih: Studiocanal
Michael (Liam Neeson) pendelt jeden Tag im Vorortzug nach Manhattan, wo er als Versicherungsagent arbeitet. Doch dann wird ihm plötzlich gekündigt, und das kurz vor der Rente! Auf der Heimfahrt im Zug spricht ihn eine fremde Frau (Vera Farmiga) an und schlägt ihm eine Art Psychotest vor. Wird er für eine hohe Summe Geld etwas tun, ohne an die Folgen der Handlung für andere zu denken? Michael findet auf der Toilette ein für ihn deponiertes Geldpaket, doch nun hat er keine Möglichkeit mehr, aus dem perfiden Spiel auszusteigen. Telefonisch drängt ihn die Frau, dass er einen Passagier des Zuges ausfindig macht, den sie und ihre Handlanger suchen. Und diese Leute scheinen auch Michaels Frau und Sohn in ihrer Gewalt zu haben…
Die vierte Zusammenarbeit von Liam Neeson mit dem Regisseur Jaume Collet-Serra übt Gesellschaftskritik im Gewand eines Thrillers. Der Held Michael hat Schulden, steht vor dem finanziellen Ruin und gerät in Versuchung, einen Menschen für viel Geld an zwielichtige Gestalten auszuliefern. Über weite Strecken ist der Film praktisch in Echtzeit während der Fahrt des Vorortzuges gedreht. In der klaustrophobischen Enge des Schauplatzes entwickelt sich ein packender Wettlauf gegen die Zeit. Der Pendlerzug symbolisiert aber auch die Bedrängnis der arbeitenden Bevölkerung, die von der kapitalistischen Wirtschaft geknechtet wird. Michael läuft in der Gefahr zur Hochform auf und der Film kann mit starken Szenen punkten. Nur mit der Logik hapert es, aber der Verstand hat während des Films kaum die nötige Zeit, um ins Grübeln zu geraten.
Wonder Wheel
Regie: Woody Allen, Verleih: Warner Bros.
In den fünfziger Jahren jobbt der Student Mickey (Justin Timberlake) als Rettungsschwimmer am Strand von Coney Island. Er beginnt eine Affäre mit der Kellnerin Ginny (Kate Winslet), die in ihrer Ehe mit dem Karussellbetreiber Humpty (Jim Belushi) unglücklich ist. Sie träumt davon, dass Mickey, der Theaterstücke schreiben will, ihr eine Rolle als Schauspielerin verschafft, und will mit ihm fortgehen. Aber Mickey verliebt sich in Humptys Tochter Carolina (Juno Temple), die sich im Vergnügungspark vor ihrem Mann, einem rachsüchtigen Gangster, versteckt.
Schon erstaunlich, dass Woody Allen trotz seines Alters immer noch jedes Jahr einen Kinofilm dreht. Doch nun zeigt er gewisse Ermüdungserscheinungen. Die Geschichte schwelgt in 1950er-Jahre-Nostalgie und den bunten Farben des Vergnügungsparks Coney Island. Gleichzeitig erweist sie den großen Theaterschriftstellern vergangener Zeiten ihre Reverenz. Mickey will sozusagen am lebenden Objekt studieren, wie sich Menschen wie die frustrierte Kellnerin Ginny in echte Dramen verstricken. Kate Winslet spielt die verhärtete Frau großartig. Aber angesichts der generellen Lustlosigkeit des ganzen Filmprojekts kann sie auch keine Wunder vollbringen.
Tad Stones und das Geheimnis von König Midas
Regie: Enrique Gato, David Alonso, Verleih: Paramount Pictures
Tad Stones arbeitet in Chicago auf dem Bau, wäre aber gerne Archäologe wie sein Schwarm Sara Lavroff. Er ist überglücklich, als sie ihn um Unterstützung bei der Suche nach der legendären Kette von König Midas bittet. Der böse Millionär Jack Rackham entführt Sara, weil er die Kette, mit der ihr Besitzer alles in Gold verwandeln kann, haben will. Tad Stones, Saras Assistentin, eine südamerikanische Mumie und zwei Tiere machen sich auf den Weg, um Sara zu befreien.
Der spanische Animationsfilm, der humorvoll in die Fußstapfen der Indiana-Jones-Abenteuer tritt, hatte bereits einen Vorläufer, der in Deutschland jedoch nur für das Heimkino ausgewertet wurde. Die Schatzsuche, die an so kulturträchtige Orte wie das spanische Granada oder das türkische Kappadokien führt, erweist sich als unglaublich quirlig. Die Attraktionen sind breit gestreut und verlaufen auf mehreren Ebenen. Zur Schatzsuche kommt nämlich auch Romantik, sowie viel Komik mit den eigenwilligen Nebenfiguren hinzu. Zu letzteren zählen neben der klapprigen Mumie auch zwei tierische Sidekicks. Das niedrige Budget hat die Macher nicht daran gehindert, auf inhaltliche Opulenz zu setzen. Je nach Geschmack kann das Ergebnis als überdreht oder kurzweilig interpretiert werden.
Bianka Piringer
Copyright der Bilder: Studiocanal, Warner Bros., Paramount Pictures