Die Kinostarts der neuen Woche bieten ein buntes, verschiedene Genres umfassendes Programm. Die interessantesten Titel versprechen leicht schräge oder gar ziemlich verrückte Unterhaltung abseits des Mainstreams.
Zu diesen ungewöhnlichen Filmen gehört Michael Hanekes „Happy End“ über eine französische Familie, mit der sich der Begriff des Glücks ganz und gar nicht verträgt. Außerdem startet endlich einmal eine deutsche Komödie, die lustig und dabei gar nicht dämlich ist: In „Vorwärts immer!“ gibt sich im Oktober 1989 in der DDR ein Schauspieler für Erich Honecker aus, um die Leipziger Demonstranten vor den Waffen der Staatsmacht zu schützen. Schön schräg ist auch der Sci-Fi-Thriller „What Happened to Monday?“, in dem Noomi Rapace sieben verschiedene Rollen spielt.
Eher solide als außergewöhnlich kommt der Actionthriller „American Assassin“ daher, der den Auftakt zu einer neuen Reihe nach den Romanen von Vince Flynn bilden soll. Die routiniert inszenierte Genrekost erzählt, wie der Held Mitch Rapp zur CIA kam und seinen ersten Fall meistert. Mehr Ausstrahlung als Dylan O’Brien in der Hauptrolle besitzt aber Michael Keaton als beinharter CIA-Ausbilder. Empfehlenswerter dürfte da schon der südkoreanische Horrorthriller „The Wailing – Die Besessenen“ sein, der seine Premiere in Cannes feierte. Darin geht es um eine Mordserie in einem Dorf, um Exorzismus und Mystery, wobei die Handlung immer wieder für Überraschungen gut ist.
Für Kinder gibt es in dieser Woche auch zwei Filmangebote, nämlich „Captain Underpants – Der supertolle erste Film“ und „Louis & Luca – Das große Käserennen“. Dazu lässt sich anmerken, dass ein Adjektiv wie supertoll im Titel marktschreierisch klingt und das so angepriesene Produkt schon wieder relativiert. Nicht nur für eingefleischte Freunde von Tier- und Naturfilmen empfehlenswert ist „Maleika“ von Matto Barfuss. Der Tierfilmer beobachtet eine Gepardin, die in der afrikanischen Savanne sechs Kinder aufzieht. Diese Aufgabe verlangt ihr alles ab und führt dem Publikum vor Augen, dass das Leben in der Wildnis oft mühsam dem Tod abgetrotzt ist.
Vorwärts immer!
Regie: Franziska Meletzky, Verleih: DCM
Der Ostberliner Theaterschauspieler Otto Wolf (Jörg Schüttauf) probt im Oktober 1989 ein Stück, in dem er Erich Honecker darstellen soll. Da erfährt er, dass der echte Honecker den Befehl erteilt hat, auf die Montagsdemonstranten in Leipzig zu schießen. Und unter diesen befindet sich auch Wolfs Tochter Anne (Josefine Preuß). Wolf und das Theaterensemble hecken einen aberwitzigen Plan aus: Er soll als Honecker ins Politbüro marschieren und zum roten Telefon greifen, um den Vertretern der Staatsmacht in Leipzig friedliches Verhalten zu befehlen. Es dauert nicht lang, und der falsche Honecker steht der echten Margot Honecker (Hedi Kriegeskotte) gegenüber, der niemand so leicht etwas vormacht.
Diese herrlich überdrehte Verwechslungskomödie geht keinem Slapstick aus dem Weg und macht mit treffendem Humor die Absurditäten im DDR-Alltag kenntlich. Jeder ist verdächtig und verdächtigt wiederum andere, da hilft wirklich nur, sich zu verkleiden und Befehle zu erteilen. Die Höhenflüge dieser spritzigen Satire verlieren nie den Bezug zur damaligen Realität, die aber in dieser Form eindeutig besser aussieht.
Happy End
Regie: Michael Haneke, Verleih: X Verleih
In Calais lebt die Unternehmerfamilie Laurent in einer gemeinsamen Villa. Dorthin, zu ihrem Vater Thomas (Mathieu Kassovitz), der als Arzt arbeitet, zieht jetzt auch seine zwölfjährige Tochter Eve (Fantine Harduin). Das Mädchen lebte bei der depressiven Mutter, die eine Überdosis Tabletten ins Koma und dann in den Tod beförderte. Großvater Georges (Jean-Louis Trintignant) hat Schwierigkeiten, Eve als seine Enkelin wiederzuerkennen, beschließt aber, sie um einen wichtigen Gefallen zu bitten. Seine Tochter Anne (Isabelle Huppert) liegt derweil ständig mit ihrem Sohn Pierre (Franz Rogowski) im Clinch, der sich nur halbherzig um die Baufirma kümmert. Dort ereignet sich ein tödlicher Unfall und die Behörden ermitteln.
Eine Kälte, die frösteln lässt, durchzieht dieses Porträt einer privilegierten Familie. Ihre Mitglieder wissen nicht, was ihnen fehlt, Anne und Thomas merken nicht einmal, dass ihnen etwas fehlt, nämlich Interesse für andere, Mitgefühl, Einfühlungsvermögen. Aber auf gutes Benehmen wird stets Wert gelegt. Die Enkelgeneration, Eve und Pierre, funktioniert unter diesen Bedingungen nicht wie erwartet. Dieser sarkastische filmische Abgesang auf die (groß-)bürgerliche Familie als solche ist auf jeden Fall spannend anzuschauen.
What Happened to Monday?
Regie: Tommy Wirkola, Verleih: Splendid Film
In der Zukunft, in der dieser Film spielt, dürfen Familien nur noch ein Kind haben. Alle anderen werden ihnen weggenommen und von Nicolette Cayman (Glenn Close) vom Kinder-Zuteilungsbüro in einen Gefrierschlaf versetzt. Sie sollen später leben können, wenn es mehr zu essen gibt. Eine Frau aber brachte Siebenlinge zur Welt und starb. Ihr Vater Terrence Settman (Willem Dafoe) zog die Mädchen heimlich auf und gab sie als ein einziges aus. Nun sind die Siebenlinge erwachsene Frauen (alle gespielt von Noomi Rapace) und immer noch geht jede nur an dem Wochentag, nach dem sie benannt ist, aus dem Haus und gibt sich als Karen Settman aus. Wenn Karen heimkommt, informiert sie die Schwestern, was sich ereignet hat und worauf die nächste, die zur Arbeit geht, achten muss. Doch dann kehrt Monday nicht mehr nach Hause zurück und ihre sechs Schwestern müssen befürchten, aufzufliegen.
Noomi Rapace in sieben verschiedenen Rollen zu erleben, heißt hier auch, sie gegen sich selbst kämpfen zu sehen. Die Schauspielerin überzeugt, weil sie ernste Figuren verkörpert, die keine Angst haben, auch mal unvorteilhaft zu wirken. Aus diesem Grunde wirken sie auch nie unvorteilhaft, wenn sie schreien, erschrecken usw. Die Filmidee ist sehr interessant, die Action knallhart, die Atmosphäre düster. Nur die Auflösung kann dieses Niveau nicht ganz halten.
Bianka Piringer
Copyright der Bilder: DCM, X Verleih, Splendid Film