Die Kinostarts der neuen Woche locken mit Liebesfilmen, Biopics und Fortsetzungen in einem angenehm überschaubaren Programm. Dabei kann der Tonfall schrill sein wie im letzten Teil der „Fack Ju Göhte“-Trilogie oder gedämpft wie in „Maudie“.
„Maudie“ erweist sich als eine schöne Kombination aus Liebesfilm und Künstlerbiografie. Das Thema Liebe hat sie mit dem in England angesiedelten Queer-Drama „God’s Own Country“ gemeinsam. Eine zweite Künstlerbiografie ist „Django – Ein Leben für die Musik“. Sie vertieft sich in das Leben des legendären Jazzgitarristen Django Reinhardt. Allerdings beschränkt sich das Drama auf das Jahr 1943, in dem er sich vor den Nazis in Sicherheit bringen musste, und die Zeit bis zum Ende des Weltkriegs.
Ebenfalls um das Überleben während der Nazizeit geht es in dem Dokudrama „Die Unsichtbaren – Wir wollen leben“. Darin erzählen vier deutsche Juden, wie sie sich in ihrer Jugend im Dritten Reich vor der Gestapo versteckten. Auf eher ausgetretenen Pfaden bewegt sich hingegen Joseph Vilsmaiers dokumentarische Heimathymne „Bayern sagenhaft“. Der Dokumentarfilm „Untitled“ besteht aus Reiseimpressionen des 2014 verstorbenen Filmemachers Michael Glawogger. Daraus hat seine Cutterin Monika Willi ein kontemplatives Werk zusammengestellt, wie es ihm selbst vorgeschwebt haben dürfte.
Außerdem starten noch die deutsche Familien-Dramödie „Sommerhäuser“, der Kinder-Animationsfilm „Der kleine Vampir“ und der neueste Horror aus der langen „Saw“-Reihe mit dem Titel „Jigsaw“.
Fack Ju Göhte 3
Regie: Bora Dagtekin, Verleih: Constantin Film
Der verkrachte Seiteneinsteiger in den Beruf des Pädagogen, Zeki Müller (Elyas M’Barek), muss seinen Elftklässlern Hundechips implantieren, um sie orten zu können. Dann schleppt er sie mit Gewalt ins Klassenzimmer zurück. Denn Chantal (Jella Haase), Danger (Max von der Groeben) und die anderen Problemfälle der Goethe-Gesamtschule haben keinen Bock mehr auf Unterricht. Und das gerade jetzt, wo der Schule die Schließung droht, erfolgreiche Projekte vorgezeigt werden müssen und ein Leistungstest ansteht. Wenn Chantal und die anderen aus der 11b ihn nicht bestehen, werden sie nicht zum Abitur zugelassen.
In der fulminanten Schulkomödien-Trilogie mit Elyas M’Barek als dem perfekten Anti-Pädagogen steht jetzt der #Finalfack an. So beworben, zieht der Film noch einmal alle Register mit unkorrekten Sprüchen und Handlungen, renitenten Schülern und Lehrern, denen das Wasser bis zum Hals steht. Oft aber wird der pfiffige Witz, der besonders den ersten Film kennzeichnete, unter der Flut von Ideen und dem auftrumpfenden Gehabe begraben. Nur um das eigene Image zu toppen, trägt der Film bei den Geschmacklosigkeiten das eine oder andere Mal grausam dick auf. Es herrscht eine Atmosphäre des Sich-selbst-Feierns, in der die Darsteller auf ihre eigenen Rollen anzustoßen scheinen. Dennoch gibt es auch versprengte Versuche, ernst zu sein, unter denen Zeki Müllers Enthüllung, dass er als Kind gemobbt wurde, als gelungen hervorsticht.
Maudie
Regie: Aisling Walsh, Verleih: NFP
Maud (Sally Hawkins) lebt in den 1930er Jahren in der kanadischen Provinz Nova Scotia das Dasein einer Außenseiterin. Die junge Frau gilt wegen ihrer rheumatischen Arthritis als Krüppel und wird von ihrer Tante am liebsten im Haus versteckt. Um die Chance auf ein eigenes Leben zu bekommen, bewirbt sie sich bei dem mürrischen Fischhändler Everett Lewis (Ethan Hawke) als Haushälterin. Der Mann behandelt sie denkbar schlecht, doch Maud ist eine starke, optimistische Natur. Sie malt farbenfrohe naive Bilder und bald muss sich Everett um den Haushalt kümmern. Maud wird seine Frau und verdient mit ihrer Kunst viel mehr als er. Das führt zu neuen Konflikten.
Dieses Biopic der kanadischen Malerin Maud Lewis entpuppt sich als wunderschöner Liebesfilm. Zwei gesellschaftliche Außenseiter kommen unter widrigen Umständen ihrem Traum vom Glück Schritt für Schritt näher. Sally Hawkins gibt der körperbehinderten Malerin eine wunderbar sonnige Aura. Das Schönste an diesem langsam und bildstark erzählten Film ist die prozesshafte Entwicklung der beiden Charaktere als Paar.
Die Unsichtbaren – Wir wollen leben
Regie: Claus Räfle, Verleih: Tobis
Im Jahr 1943 wird Berlin von den Nazis für judenrein erklärt. Doch einigen wenigen Juden gelingt es, in der Stadt unterzutauchen und unter schwierigsten Bedingungen der Todesgefahr zu trotzen. Die 17-jährige Hanni Lévy (Alice Dwyer) hat keine Eltern mehr. Mit gefärbten blonden Haaren geht sie durch die Straßen und sucht Zuflucht im Kinosaal. Der 20-jährige Cioma Schönhaus (Max Mauff) fälscht im Untergrund Pässe und rettet so anderen das Leben. Eugen Friede (Aaron Altaras) kommt bei wechselnden Familien unter und landet schließlich bei einem Widerstandskämpfer. Ruth Arndt (Ruby O. Fee) und ihre Freundin geben sich als Kriegswitwen aus und werden Bedienstete im Haushalt eines NS-Offiziers.
Die Kunst des Überlebens haben die vier jungen Berliner Juden, die dieses ergreifende Dokudrama in Spielszenen porträtiert, auf unterschiedliche Weise perfektioniert. Sie erleben im Berlin der Hitlerzeit bittere Jahre der Einsamkeit unter ständiger Lebensgefahr. Aber sie geben sich nicht auf. Die Spielszenen wirken an sich schon authentisch und angemessen dramatisch, doch das Wichtigste an dem Film sind die eingestreuten Erzählungen der vier realen Menschen. Ungeheuer differenziert sprechen sie im Alter über die Angst, die Entrechtung, aber auch die Hoffnung und die Begegnung mit einzelnen Deutschen, die ihnen halfen. So entsteht ein wichtiges und sehr aussagekräftiges historisches Zeitdokument.
Bianka Piringer
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