„Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus“ heißt es in einem volkstümlichen Frühlingslied. Passend dazu ist auch unter den Kinostarts der Woche ein Film vertreten, der zur Vorsicht gegenüber Bäumen rät.
In „Sieben Minuten nach Mitternacht“ bekommt nämlich ein Junge nachts Besuch von einem Monster in Baumgestalt. Und auch in dem Horrorfilm „Get Out“ sind die Dinge keineswegs so harmlos, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Besser gesagt, sind sie sogar von Anfang an unnormal harmlos und bringen gerade dadurch die inneren Alarmglocken zum Schrillen. Um verfahrene Beziehungsgeschichten geht es in der deutschen Komödie „Einsamkeit und Sex und Mitleid“. Die französische Komödie „Victoria – Männer und andere Missgeschicke“ punktet vor allem mit der überzeugenden Hauptdarstellerin Virginie Efira.
Warren Beatty ist Regisseur des Spielfilms „Regeln spielen keine Rolle“ über den exzentrischen Milliardär Howard Hughes, den er auch selbst spielt. Aus Polen kommt der sehenswerte Dokumentarfilm „Kommunion“, der es an dramatischer Spannung locker mit einem Spielfilm aufnehmen kann. Er erzählt die Geschichte eines 14-jährigen Mädchens, das sich um seinen autistischen Bruder kümmert und beharrlich versucht, die Familie wieder zusammenzuführen.
Get Out
Regie: Jordan Peele, Verleih: Universal Pictures
Dass Rose (Allison Williams) ihren Freund Chris (Daniel Kaluuya) zu einem Wochenendbesuch bei ihren Eltern einlädt, wäre an sich kein Grund zur Beunruhigung. Aber vorsichtshalber fragt Chris seine weiße Freundin, ob ihre Eltern wüssten, dass er ein Schwarzer ist. Nein, sagt sie und beruhigt ihn gleich, ihre Eltern seien liberal und ihr Vater hätte Obama am liebsten ein drittes Mal gewählt. Also fahren Chris und Rose hinaus aus New York, aufs Land, zu dem einsam am Waldesrand gelegenen Haus. Roses Eltern (Catherine Keener, Bradley Whitford) begrüßen Chris freundlich, aber das afroamerikanische Hauspersonal verhält sich merkwürdig. Irgendetwas stimmt hier nicht, nur weiß Chris nicht so recht, was.
Einen Horrorfilm wie diesen sieht man nicht alle Tage. Der Grusel funktioniert und trotzdem ist die Handlung unglaublich witzig. Vor allem aber wird hier der in der amerikanischen Gesellschaft immer noch grassierende Rassismus kritisch unter die Lupe genommen. Was Chris erlebt, ist gespenstisch. Regisseur Jordan Peele macht sich einen Riesenspaß daraus, das sozialkritische Thema nach den Regeln des Horrorgenres zu beackern. Diesen hervorragenden Film sollte man sich also nicht entgehen lassen.
Sieben Minuten nach Mitternacht
Regie: Juan Antonio Bayona, Verleih: Studiocanal
Der zwölfjährige Conor (Lewis MacDougall) lebt bei seiner geschiedenen Mutter Elizabeth (Felicity Jones). Aber dann taucht seine strenge Großmutter (Sigourney Weaver) auf und will, dass er zu ihr zieht. Conor wehrt sich verzweifelt, aber die Erkenntnis, dass seine Mutter schwer krank ist, lässt sich nicht länger verdrängen. Zu allem Überfluss bekommt Conor wiederholt kurz nach Mitternacht Besuch von einem grimmig aussehenden Baumwesen, das ihm merkwürdige Geschichten erzählt.
Der stimmungsvoll inszenierte Fantasyfilm erzählt eine bewegende Geschichte über das Abschiednehmen. Im Erleben des Jungen vermischen sich Realitätsebene und Vorstellungswelt mit überraschenden Ergebnissen. Schlimmer als der furchterregende Baum ist für Conor die Konfrontation mit seinen eigenen, aus den Fugen geratenen Gefühlen. Die hochdramatische Geschichte, die auf dem Roman „A Monster Calls“ von Patrick Ness basiert, beeindruckt nicht zuletzt wegen ihrer gelungenen visuellen Gestaltung.
Einsamkeit und Sex und Mitleid
Regie: Lars Montag, Verleih: X-Verleih
Der ausländerfeindliche Polizist Thomas (Jan Henrik Stahlberg) will sich für Carla (Friederike Kempter) unentbehrlich machen und redet ihr ein, dass sie seinen Schutz braucht. Julia (Eva Löbau) braucht nach der Trennung von ihrem Mann Uwe (Peter Schneider) Sex. Sie ruft sich einen Callboy ins Haus, mit dem sie nicht zufrieden ist. Uwe leitet einen Supermarkt, in dem der ehemalige Lehrer Ecki (Bernhard Schütz) als Kunde seinen Frust abzureagieren versucht. Er ist voller Wut auf eine Schülerin, die ihn in Verruf gebracht hat. In diese Schülerin verliebt sich ein gehemmter Junge, der streng religiös erzogen ist. Bei den Eltern der Schülerin hängt der Haussegen schief.
Es gibt noch einige Beziehungen mehr als die oben aufgeführten in dieser Komödie. Im Stil von Robert Altmans „Short Cuts“ springt die Handlung in kurzen Szenen zwischen parallelen Schauplätzen hin und her. Immer mehr Querverbindungen scheinen zwischen den Charakteren auf, die sich nach Liebe sehnen und sich doch selbst die Nächsten sind. Der auf dem gleichnamigen Roman von Helmut Krausser basierende, satirisch-bissige Film wirkt zuweilen wie ein Blick in den Spiegel, wenn man zu wenig geschlafen hat.
Bianka Piringer
Copyright der Fotos: Universal Pictures, Studiocanal, X-Verleih