Die drei Filme, die ich heute vorstelle, haben weder inhaltlich, noch qualitativ etwas gemeinsam. Jedoch zeigt sich im Vergleich der beiden Spielfilme mit dem Dokumentarfilm wieder einmal, dass die spannendsten Geschichten das Leben selbst schreibt.
The Wolfpack (Regie: Crystal Moselle, Label: Universum)
Sechs junge Männer mit langem schwarzen Haar und Sonnenbrillen spazieren in eleganten Anzügen auf den Straßen New Yorks. Sie ziehen die Blicke auf sich wie die Akteure eines Spielfilms. Tatsächlich kennen sie die Welt nur aus Filmen und vergleichen alles, was sie sehen, mit Werken wie „Inside Man“, „Herr der Ringe“ oder sagen begeistert Dinge wie: „Es ist total 3D!“ Die Brüder Angulo sind aber keine fiktiven Personen: Sie erkunden ihre Heimatstadt zum ersten Mal, denn sie lebten ihre ganze Kindheit hindurch fast vollkommen isoliert von der Außenwelt in der elterlichen Wohnung. Der Dokumentarfilm, der 2015 auf dem Sundance Film Festival den Großen Preis der Jury gewann, begleitet die Brüder auf dem späten und steinigen Weg in die Normalität. Er lässt sich behutsam auf ihre Erlebniswelt, ihre unbändige Freude, aber auch die Angst vor dem Neuen und die Trauer wegen des Gewesenen ein. Eine unglaubliche Geschichte, die tief berührt.
Man lernt nie aus (Regie: Nancy Meyers, Label: Warner)
In dieser Schmunzelkomödie ist der Praktikant zur Abwechslung einmal der Älteste im Betrieb. Ben Whittaker (Robert De Niro) fiel als Rentner und Witwer die Decke auf den Kopf und so ist er überglücklich, als er erfährt, dass eine Online-Modefirma einen Senior-Praktikanten sucht. Pünktlich, im Anzug und mit Schreibstiften statt mobilen Endgeräten bewaffnet, erscheint er jeden Tag im Büro und macht sich unter den jungen Kollegen bald unersetzlich. Das ist ganz vergnüglich anzuschauen, aber dann muss sich Ben ein wenig zu intensiv um die junge Chefin Jules (Anne Hathaway) kümmern, die sich zwischen Arbeit und Familie hin- und hergerissen fühlt. Trotz der originellen Grundidee steuert der Film alsbald den Hafen gemächlicher, wohlmeinender Unterhaltung an.
Die Leiche der Anna Fritz (Regie: Hèctor Hernández Vicens , Label: Capelight)
Der spanische Thriller spielt größtenteils in der Leichenhalle eines Krankenhauses, seine Bilder baden in kühlen Blautönen. Drei junge Freunde – einer von ihnen arbeitet dort -, bewundern den Leichnam der berühmten jungen Schauspielerin Anna Fritz. Dann vergehen sich zwei von ihnen an ihrem Körper, plötzlich aber schlägt Anna Fritz die Augen auf. Die drei Männer geraten in Streit, was mit der Schauspielerin geschehen soll und es gibt bald einen neuen Toten. Anna Fritz kämpft verzweifelt um ihr Leben. Immer wieder gibt es überraschende Wendungen, die für Spannung sorgen sollen, aber dennoch zieht sich die Geschichte recht zäh in die Länge. Das Spiel der Darsteller wirkt zum Teil mechanisch und ist von der häufigen, fast lähmenden Ratlosigkeit ihrer Charaktere geprägt. Die Haupterkenntnis des schnell auf einen Mainstreamkurs einschwenkenden Thrillers lautet: Sex mit einer Leiche ist weniger schlimm, als dabei ertappt zu werden.
Bianka Piringer
Bildquellen: Universum, Warner, Capelight