Unter den Kinostarts dieser Woche sind deutsche Produktionen stark vertreten. Zum Beispiel präsentiert Fatih Akin seinen neuen Film „Tschick“ und die Schauspielerin Karoline Herfurth ihr Regiedebüt „SMS für Dich“. Für die junge Zielgruppe gibt es das ungewöhnliche Vater-Sohn-Drama „Auf Augenhöhe“. Aus Amerika kommt unter anderem der schräge Indie-Film „Entertainment“ über einen völlig desillusionierten Spaßmacher. Der Spielfilm „My First Lady“ malt anhand bekannter Eckdaten mit Sinn für beschwingte Romantik aus, wie das erste Date des jungen Barack Obama mit seiner späteren Frau Michelle im Jahr 1989 wohl verlief. Musikfreunde haben die Qual der Wahl zwischen den Dokumentarfilmen „The Beatles: Eight Days a Week – The Touring Years“ und „The Music of Strangers – Yo-Yo Ma & the Silk Road Ensemble“.
Tschick
Regie: Fatih Akin, Verleih: Studiocanal
Für den 14-jährigen Maik Klingenberg (Tristan Göbel) starten die Sommerferien in Berlin denkbar schlecht: Die Mutter muss in eine Entzugsklinik, der Vater auf Geschäftsreise. Am schlimmsten aber ist, dass Tatjana, die Mitschülerin, in die sich der stille Außenseiter verknallt hat, nur ihn nicht zu ihrer Party einlädt. Na ja, und diesen Neuen aus Russland auch nicht, den alle nur Tschick (Anand Batbileg) nennen, weil sein Name zu kompliziert ist. Tschick ist immer gut drauf und reißt Maik aus seiner Trübsal am Pool der elterlichen Villa. In Tschicks geklautem Lada geht es auf große Fahrt Richtung Osten.
Einen so erfolgreichen Jugendroman wie Wolfgang Herrndorfs „Tschick“ zu verfilmen, erfordert Mut. Doch Regisseur Fatih Akin lässt sich von der hohen Messlatte nicht einschüchtern. Sein Roadmovie mit den beiden ungleichen Freunden strahlt eine reizvolle Outlaw-Atmosphäre von Freiheit und Abenteuer aus. Der Sprachwitz der Dialoge und die tolle Filmmusik überzeugen ebenso wie der leicht wehmütige Blick auf die Unschuld der Jugend. Die Spielfreude der Hauptdarsteller teilt sich deutlich mit, allerdings hätten ihre Charaktere auf Dauer ruhig noch etwas mehr emotionale Tiefe vertragen können.
SMS für Dich
Regie: Karoline Herfurth, Verleih: Warner Bros.
Auch zwei Jahre nach dem Unfalltod ihres Freundes Ben ist Clara (Karoline Herfurth) immer noch untröstlich. Um ihrem Herzen Luft zu verschaffen, schickt sie Textnachrichten an Bens alte Handynummer, doch die gehört nun dem Sportjournalisten Mark (Friedrich Mücke). Die romantischen Worte verdrehen ihm ganz schön den Kopf und er begibt sich auf die Suche nach der nichtsahnenden Verfasserin. Als er ihr dann gegenübersteht, scheut er davor zurück, sein Geheimnis zu verraten.
Auch dieser Film, mit dem Karoline Herfurth ihr Regiedebüt gibt, ist eine Romanverfilmung. Aus der gleichnamigen literarischen Vorlage von Sofie Cramer macht Herfurth einen schönen Liebesfilm. Die Romantik wirkt echt und die Charaktere verfügen über frischen Humor und Authentizität. Überhaupt ergibt die Mischung aus Gefühlstiefe und Witz eine erstaunliche realistische und dennoch auch verzauberte Atmosphäre. Nicht nur die beiden Hauptdarsteller Karoline Herfurth und Friedrich Mücke spielen ausgesprochen gut und stimmig, sondern auch Nora Tschirner und Frederick Lau in ihren Nebenrollen als Sidekicks von Clara und Mark. Das Ergebnis ist ein romantisches Filmvergnügen, das auch erfahrenere Regisseure neidisch machen könnte.
Auf Augenhöhe
Regie: Evi Goldbrunner, Joachim Dollhopf, Verleih: Tobis Film
Der zehnjährige Michi (Luis Vorbach) lebt in einem Kinderheim, denn seine Mutter ist gestorben und seinen Vater hat er nie gesehen. Als er dessen Namen in einem alten Brief seiner Mutter entdeckt, ist Michi überglücklich. Bald klingelt er an der Tür von Tom (Jordan Prentice) und weil der gerade nicht zu Hause ist, wirft er ihm eine Nachricht durch den Briefschlitz. Das bereut er kurz darauf wieder, als er feststellt, dass Tom ein kleinwüchsiger Mann ist. Tom taucht im Kinderheim auf, wo Michi ihm die kalte Schulter zeigt. Aber weil ihn die anderen Jungs verspotten, steht Michi bald wieder vor Toms Tür. Obwohl sich Tom sehr um ihn bemüht, lässt Michi ihn nur seine Wut und Enttäuschung spüren.
Mit seiner ungewöhnlichen Thematik stellt dieses Drama eine Ausnahme im Kinderfilmgenre dar. Es konfrontiert einen Jungen, der sich seinen Vater als imposante Erscheinung vorgestellt hat, mit einem Mann, der nicht größer ist als er selbst. So beginnt eine schwierige Beziehung, die sich ihren Weg durch Klischees und Vorurteile bahnen muss. Der oft raue, aber realistische Ton überrascht und verhindert, dass die bis zuletzt dramatische Geschichte rührselig wird.
Bianka Piringer
Fotoquelle(n): Studiocanal, Warner Bros, Tobis Film.