Anfang März erschien Episode 1 des neuen Hitman und führte uns sowohl in die geheime Trainingsanlage des Auftragsmörders als auch zu einer Modenschau nach Paris. Gameplay, Kartendesign und die unterschiedlichen Vorgehensweisen zogen mich in den Bann, wurden aber leider von unnötigen Limitierungen des Offline-Modus überschattet. Auch die langen Ladezeiten und gelegentlich fragwürdig agierende KI trübten den ansonsten sehr positiven Gesamteindruck. Den Test zur ersten Episode findet ihr hier. Kann IO Interactive diese Schatten im sonnigen Italien der zweiten Episode hinter sich lassen?
Sapienza
So heißt die vermeintlich idyllische Küstenstadt in die es mich diesmal im Rahmen meiner Tätigkeit als professioneller Meuchelmörder verschlägt. Zwei Personen sollen ihr vorzeitiges Ende finden, da sie ein tödliches Virus entwickeln. Das könnte nämlich schon bald auf der ganzen Welt für Furcht und Schrecken sorgen und soll deshalb ebenfalls vernichtet werden.
Nach diesem kurzen Mission-Briefing, werde ich also in das kleine Städtchen entlassen. Direkt hinter mir befindet sich eine gut besuchte Eisdiele, Menschen sitzen im Schatten und kühlen sich ab, während sich andere mitten in der prallen italienischen Mittagssonne bräunen. Bewundernd schlendere ich über den Platz, begutachte das Rathaus, entdecke schmale, verwinkelte Gassen und komme nicht nur an unzähligen Motorrollern, sondern auch kleinen Geschäften vorbei. Es gibt einen Blumen- und einen Buchladen, eine Metzgerei, in der italienische Salami und andere Fleischwaren angeboten werden und vieles mehr. Besonders gut gefällt mir die Töpferwerkstatt, in der bunte Mosaikkunstwerke ausgestellt sind. Das mag vielleicht nicht besonders aufregend klingen, aber diese Vielfalt rundet die gelunge Atmosphäre Sapienzas sehr ab und verleiht ihr ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit.
Schade ist, dass diese Geschäfte zwar betreten werden können, zum Zeitpunkt des Auftrags aber größtenteils geschlossen sind. Mit einem Dietrich verschafft man sich also Zugang und kann das jeweilige Angebot durchstöbern, Verkaufsgespräche oder sonstige Interaktionen zwischen Kundschaft und Verkäufer sind dementsprechend aber nicht zu beobachten. Ausnahmen bilden hier zum Beispiel der Frisör und die Eisdiele, die unterhaltsame und teilweise sogar wichtige Gespräche bereithalten. Am Ende des Gassenkomplexes weichen Häuserfassaden links und rechts dem strahlend blauem Himmel und gleißendem Sonnenschein. Vor mir liegt ein kleiner Badestrand, an dem sich Menschen sonnen und spazieren. Dahinter das große weite Meer. Direkt rechts am Ufer steht eine kleine Kirche, neben ihr ist der städtische Friedhof.
Links neben mir ragt das romantische Anwesen empor, in dem sich meine beiden Ziele befinden. Wie auch in der ersten Episode ist jeder Ort auf seine Weise belebt, indem entweder die Kulisse eine Geschichte erzählt oder Menschen sich unterhalten, denen man zuhören kann. Schade ist nur, dass diese Gespräche allesamt auf Englisch vertont sind. In der ersten Episode war das für mich noch akzeptabel, weil ich mir vorstellen konnte, dass auf einer High Society Modenschau mit Gästen aus aller Welt möglicherweise Englisch zur Verständigung eingesetzt wird. Hier in Sapienza, der italienischen Kleinstadt, wirkt es absurd und reist mich immer wieder aus dem ansonsten höchst glaubwürdigen Setting. Ein Umstand, der dadurch noch negativer ausfällt, dass – wenn auch begabte – Sprecher mehrere Rollen sprechen.
Der wichtigste Punkt für ein gelungenes Hitman Spiel ist wohl die Vielfalt der Vorgehensweise zur Erfüllung des Auftrags. In dieser Hinsicht kann Hitman auch in der zweiten Episode überzeugen. Die Herangehensweisen sind zahlreich, unterscheiden sich deutlich voneinander und sind glaubwürdig und organisch in die Spielwelt integriert. Um keine Details vorwegzunehmen, werde ich an dieser Stelle aber nicht konkreter werden. Neue Ausrüstungsgegenstände, die auch in Paris nutzbar sind, sorgen zusätzlich für mehr Abwechslung. In den Bereichen Grafik und Sound wird das sehr gute Niveau der ersten Episode gehalten. Nur selten sind einige Texturschwächen in weiter Ferne auszumachen.
Sämtliche Kritikpunkte der ersten Episode sind aber leider auch in der zweiten zu finden. Die KI ist nach wie vor stark ausbaufähig was das Erkennen von offensichtlichen Todesfallen angeht und die Ladezeiten sind weiterhin viel zu lang. Hier muss ich allerdings dazu sagen, dass es auch in Sapienza keine Zwischenladezeiten innerhalb der Mission gibt. Wer aber oft neu lädt, weil er stirbt, entdeckt wurde oder mit einem Ergebnis unzufrieden ist, der muss sich auf zähe Wartezeiten einstellen.
Mein größter Kritikpunkt hat es leider ebenfalls nach Italien geschafft; die Unterteilung des Spiels in den Offline und Online Modus. Die Speicherstände sind weiterhin strikt voneinander getrennt. Herausforderungen, freigeschaltete Gegenstände und Sondereinstellungen sind somit nicht offline verfügbar – das gilt natürlich auch für die neuen Waffen. Das ist nach wie vor völlig unverständlich und trübt den Spielspaß massiv. Wie ich während meiner Testphase feststellen musste, sind selbst Spieler die eigentlich dauerhaft online sind davor nicht sicher. Das liegt daran, dass IO Interactive gelegentlich Serverwartungen durchführt, in dieser Zeit also gar nicht online gespielt werden kann.
Die Handlung wird in der neuen Episode zwar etwas vorangetrieben, allerdings im Rahmen einer einzigen Cutscene. Es wird also nochmal deutlich weniger Story vermittelt als im ersten Part. Was dort gezeigt wird wirkt zuerst etwas diffus, scheint sich jetzt aber schon etwas zu verdichten und eine doch eher klassische Agentenstory zu sein.
Hitman Episode 2 – Fazit
Sapienza hat mir mit seinen romantischen Gassen, überwucherten Ruinen und dem strahlend blauen Meer sofort gefallen. Noch länger als auf der Modenschau in Paris bin ich hier durch die Gegend geschlendert und habe viele Kleinigkeiten entdecken können. Die Liebe zum Detail ist noch spürbarer und das ist großartig. Für mich ist die Episode dadurch und aufgrund des nach wie vor guten Gameplays und Wiederspielwertes ihre 9,99 € wert. Story-Enthusiasten rate ich, sich weiterhin in Geduld zu üben. Die bisher gebotene Handlung ist einfach noch zu kurz und zu flach. Spieler mit instabilem Internet müssen sich aufgrund der Onlineregelung leider auch jetzt noch gut überlegen, ob sie das Wegfallen der Herausforderungen, anpassbarer Missionen und der großen Mehrheit von Ausrüstungsgegenständen und Waffen verschmerzbar finden.
Mir hinterließ Episode 2 auch aufgrund des Serverausfalls leider einen noch deutlicheren bitteren Nachgeschmack als ihre Vorgängerin. Episode 3 (Marokko) werde ich ebenfalls hier bei AGM für euch testen.
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Infobox:
Titel: Hitman: Episode 2: Sapienza
Entwickler: IO Interactive
Publisher: Square Enix
Release: 26.04.2016
Plattform: PC, PS4, Xbox One
USK: 18
Genre: 3rd Person, Stealth, Action
Sprachausgabe: Audio Englisch, Text Deutsch
Multiplayer: Nein
Besonderheiten: stark limitierter Offline Modus