Prey ist zurück! Arkane Studios holt den Titel in Form eines Reboots aus der Versenkung und liefert so den geistigen Nachfolger zu System Shock. Wie verträgt der Titel das Re-Image und wie viel Prey steckt in dem neuen Sci-Fi First-Person Action Adventure? In unserem Test liefern wir die nötigen Antworten.
Wo ist unsere Beute geblieben?
Euch kommt der Name bekannt vor? Kein Wunder. Bereits im Jahre 2006 erschien Prey in unseren Läden und brachte die First-Person Action auf unsere Fernseher, welche an Doom und Quake erinnert. Gute elf Jahre hat das Abenteuer, welches sich um einen Indianer namens Tommy dreht, auf dem Buckel. Der junge Cherokee, seine Freundin Jen und weitere Menschen wurden von Aliens entführt und es liegt an Tommy, sich seiner indianischen Wurzeln zu besinnen und alle zu befreien. Viel schnelle Action und schrille Waffen wurden dort geboten, wie es damals für einen Ego-Shooter üblich war.
Kurze Zeit später kündigte 3D Realms eine Fortsetzung des beliebten Shooters an, doch leider wurde die Entwicklung im Jahre 2014 eingestellt, nachdem die Rechte an ZeniMax Media übergeben wurden. Das Spiel würde nicht den Erwartungen von Bethesda entsprechen, hieß es. 2016 sollte aber alles anders werden. Milhilfe von Arkane Studios, dem Entwicklerstudio hinter Dishonored, soll das Franchise rebootet werden und im neuen Glanz erstrahlen.
Ganz recht. Wer hier eine Reinkarnation des Abenteuers unseres Indianers hofft, wird bitter enttäuscht. Prey ist sehr stark an Deus Ex und BioShock angelehnt und der Kampf um das nackte Überleben steht im Vordergrund. Doch dies ist in der Tat nichts schlechtes. Akzeptiert diese Wahrheit und schnallt euch an. Willkommen auf der Talos I.
Guten Morgen, Morgan
Wir sind Morgan Yu. Als leidenschaftlicher Wissenschaftler der Organisation TranStar haben wir uns für ein Experiment auf der Erde gemeldet, welches die Menschheit für immer verändern soll. Nachdem uns unser Wecker und Bruder Alex aus dem Schlaf reißen, schreiten wir gleich zur Tat. An einem schönen Sommertag machen wir uns auf zum Forschungszentrum von TranStar und unterziehen uns ein paar Tests, damit es schon bald Richtung Orbit gehen kann. Doch etwas läuft gewaltig schief. Eine unbekannte Spezies, die Typhon, macht die Anlage unsicher und bringt den leitenden Doktor zum Schweigen. Doch das ist nicht das Einzige, was uns Sorgen macht.
Wir wachen erneut in unserem Apartment auf und stellen fest, dass sich nichts geändert hat. Oder etwa doch? Als wir erneut auf Erkundungstour gehen, sehen wir, dass der Angriff des Aliens nicht spurlos an dem Ort vorrüberging. Kurze Zeit später werden wir von einem mysteriösen January kontaktiert, welcher uns aus der Patsche helfen und uns einen Blick auf die wahre Welt bieten möchte. Bewaffnet mit der obligatorischen Prey-Rohrzange holt uns die Realität ein. Wir sind bereits seit geraumer Zeit auf der Raumstation Talos I unterwegs und sind Testsubjekt der mächtigen Organisation TranStar. Nun müssen wir die Bedrohung der Typhon ausschalten und die Geheimnisse unseres Bruders Alex und unserer Vergangenheit lüften. Ein großes Abenteuer wartet auf uns.
Ein Abenteuer, das ins Auge geht
Die Raumstation Talos I ist eine riesige Spielwiese und wartet darauf von uns komplett erforscht zu werden. Dies ist die große Stärke von Prey und absolut erforderlich um bestehen zu können. Schnell macht sich Nostalgie breit, denn die Ähnlichkeiten zu BioShock bleiben nicht unbemerkt. Die leider nur dezente Geschichte unseres Abenteuers gerät in den Hintergrund, da unsere gesamte Aufmerksamkeit der Station gilt. Doch tun wir uns gut daran, vor den Typhon auf der Hut zu sein. Die Mimics, kleine spinnenförmige Typhon, die jeden Gegenstand imitieren und euch überraschen können, machen euch besonders in Scharen das Leben schwer. Der Phantom, eine weitere Art der Typhon, ist besonders zu Beginn sehr gefährlich und kann euch schnell ausschalten.
Viele weitere Gegnertypen werden euch während eurer Reise begegnen und euch vermitteln, dass es sich hier nicht um einen typsischen First-Person Shooter handelt. Die meisten Typhon sind deutlich stärker als ihr und verlangen euch viel ab. Bestenfalls bleibt ihr unbemerkt und überrascht eure Feinde mit bekanntem Arsenal aus dem Hinterhalt oder schleicht an ihnen vorbei. Darüber hinaus könnt ihr euch die große Erfindung der TranStar zunutze machen. Sogenannte Neuromods sind auf der ganzen Station verteilt und verleihen euch neue Fähigkeiten und Verbesserungen.
Nachdem ihr das Serum über ein Stich ins Auge injiziert habt, könnt ihr zum Beispiel Computer hacken oder eure Fähigkeiten im Kampf verbessern. Im späteren Verlauf des Spiels könnt ihr sogar Typhon-Fähigkeiten erlernen und beispielsweise Gegenstände imitieren, wie die Mimics dies tun. Wie ihr sicher gerade bemerkt, findet sich vieles aus Deus Ex in Prey wieder. Auch eine sogenannte GLOO-Kanone steht euch zur Verfügung, mit der ihr Gegner mit Klebstoff kurzzeitig bewegungsunfähig machen oder neue Orte erreichen könnt. Ein Tool, welches Prey einen einzigartigen Touch verleiht.
Das 15-20 stündige Abenteuer bietet durch diese Elemente viel spielerische Freiheit, frustriert aber durch einen Schwierigkeitsgrad, der in der heutigen Zeit gar nicht mehr so präsent ist. Oft werdet ihr von Scharen von Typhon überwältigt oder leidet an Munitionsknappheit. Ihr könnt euch aber stellenweise das Leben erleichtern, wenn ihr mit den Überlebenden der Talos I im Rahmen von Nebenmissionen zusammenarbeitet. Oft habt ihr die Chance euren Kollegen aus der Patsche zu helfen, was den Verlauf des Spiels beeinflusst. Auch die Integration von Alien-Fähigkeiten formt eure Persönlichkeit und ändert den Verlauf des Spiels. Einige kleine Features wie das Recyclen von Schrott und Lebensmitteln sowie diverse Ausflüge in die Schwerelosigkeit runden Prey spielerisch ab. Aber die Sache hat einen großen Haken.
I never asked for this
Wie sehr Prey durch seinen authentischen Spielstil begeistern mag, technisch gesehen ist es nicht auf dem Stand der Zeit. Auch hier nimmt sich Prey ein Beispiel an Deus Ex. Die Ladezeiten suchen hinsichtlich ihrer Länge ihresgleichen und stören den Spielfluss enorm. Außerdem hält sich die Framerate oft nicht auf einem konstanten Niveau. Je weiter ihr im Spiel vorankommt, desto mehr treten diese Einbrüche auf. Stellenweise so stark, dass die Lust nach Prey vergeht. Nein, ich bin noch nicht fertig mit der Meckerei.
Speedrunner werden sich an diesem Spiel ergötzen, denn in Prey werden uns viele Glitches serviert. Aktuell bewegt sich der Rekord unterhalb von zehn Minuten. Entweder könnt ihr mihilfe der GLOO-Kanone oder eurem Spielverhalten euch außerhalb der Karte bewegen oder ihr drückt euch stark genug gegen die Wände, um so in den nächsten Raum zu gelangen. Abstürze und auditive Glitches sind auch keine Seltenheit. Das alles geht sogar so weit, dass man das Spiel an gewissen Stellen nicht mehr fortsetzen kann, da teilweise einige Momente nicht mehr ausgelöst werden können oder die Daten plötzlich inkompatibel mit dem Spiel sind. Bethesda arbeitet aber bereits an einem Patch, um die verärgerten Gemüter zu besänftigen.
Grafisch macht der Titel eine gute Figur, leidet aber auch an einigen Kinderkrankheiten. Ein prominentes Beispiel ist, dass die Spiegel auf der Talos I nicht reflektieren. Nur eine matte Fläche ist zu sehen. Ansonsten ist die Spielwelt schön anzusehen und verschönert eure Reise auf der Raumstation. Prey liefert außerdem eine deutsche Sprachausgabe, die qualitativ sehr hochwertig ist. Auch der Soundtrack und Effekte von Prey fügen sich gut in das Ambiente ein und lassen uns stellenweise über die technischen Missstände hinwegsehen.
Prey – Mein Fazit
Prey ist von den Toten auferstanden und feiert ein erfolgreiches Reboot der Serie auf Talos I. Inspiriert von Deus Ex und BioShock liefert der Titel ein forderndes und authentisches First-Person-Abenteuer, in dem ihr euch als Überlebenskünstler beweisen müsst. Leider werfen die hohen Ladezeiten und Framerate-Einbrüche einen großen Schatten auf diesen Titel, aber wer sich stundenlang in einer großen Weltraumbasis verlieren möchte und über eine schmucklose und vorhersehbare Geschichte hinwegsehen kann, sollte diesen Titel nicht verpassen.
Quelle(n): Bethesda Softworks