Viele RPG-Fans werden es kennen: Man hat gerade zum x-ten Mal die Welt gerettet, diverse Götter getötet, und das Volk liegt einem mal wieder zu Füßen, doch irgendetwas fehlt. Während man sich die halbstündige Endsequenz anschaut, kommt man zu dem Schluss: Früher war‘s doch eigentlich auch ganz nett. Damals als Rollenspiele noch zu 90% aus Kämpfen bestanden, und die dünne Story nur als Ausrede für ausgiebiges Looten und Leveln diente. Für alle Nostalgiker, die sich gern in diese Zeit zurücksehnen, liegt mit The Legend of Legacy genau der richtige Titel in den Läden.
Das „Who’s Who“ der SaGa-Serie
Furyu, das Studio hinter Legend of Legacy, ist bisher eher durch Animeumsetzungen als durch Rollenspiele aufgefallen. Für Legend of Legacy hat man sich deshalb einige Square-Enix Veteranen ins Boot geholt: Die Story stammt von Masato Kato, unter anderem verantwortlich für Chrono Cross, und um die Musik kümmerte sich Masashi Hamauzu, dessen Werk man aus Final Fantasy XIII und den SaGa-Spielen kennt. Auch Illustrator Tomomi Kobayashi und Game-Designer Kyoji Koizumi sollten SaGa-Fans ein Begriff sein. Kein Wunder also, dass sich The Legend of Legacy anfühlt wie ein Hommage an Spiele wie „Romancing SaGa“ oder „SaGa Frontier“.
Zu Beginn des Spiels dürft ihr euch erst einmal einen von sieben Helden aussuchen. Die Auswahl ist breit gefächert, und bietet vom Schatzsucher über die Tempelritterin bis hin zum Froschprinzen alles, was man in einem Fantasy-Setting erwartet. Die sechs übrigen Helden können im Spielverlauf nach und nach angeworben werden, wodurch eure Auswahl hauptsächlich die Dialogoptionen beeinflusst. Denn auch wenn jeder der sieben Helden eine eigene Motivation für seine Heldenreise mitbringt, der Storyablauf bleibt bis auf Eröffnungs- und Endsequenz nahezu gleich. Im Vordergrund steht aber ohnehin eher das Erkunden der mystischen Welt Avalon als die Einzelschicksale eurer Charaktere.
Das Spiel lässt euch beim Herumreisen entsprechend freie Hand und gibt nur wenige Tipps, wohin ihr euch als nächstes begeben müsstet, um den Handlungsverlauf voranzutreiben. Wer gern in fremde Welten eintaucht wird hieran sicher Gefallen finden, für andere könnte das stellenweise fehlende Gefühl von Fortschritt leicht frustrierend wirken. Optisch bedient man sich stark bei Bravely Default und den DS-Remakes der ersten Final Fantasy Teile. Ein Stil der durchaus zu gefallen weiß, aber keinen Innovationspreis gewinnt. Hier hätte man sich gern etwas mehr am Vorbild „SaGa“ bedienen dürfen. Ideenreicher kommen hier die einzelnen Dungeons daher, die nicht nur schön und abwechslungsreich gestaltet sind, sondern sich an ein Pop-Up Buch erinnernd stetig vor euch aufbauen. Lasst euch von dem idyllischen Stil aber nicht einlullen, denn die Auseinandersetzungen, die auf euch warten, haben es in sich.
Spagat zwischen Tradition und Innovation
Feinden von Zufallskämpfen kann ich leider nur bedingt Entwarnung geben. Zwar werden Monster auf der Karte kenntlich gemacht, allerdings sind meist so viele Gegner auf dem Bildschirm, dass ihr auf der Flucht vor einem Mob unweigerlich in den nächsten rennt. Kommt es schließlich zum Kampf werdet ihr von einem klassisch rundenbasierten Kampfsystem begrüßt, welches jedoch mit einigen innovativen Ansätzen aufzuwarten weiß. In bester SaGa-Manier levelt ihr beispielsweise nicht durch Erfahrungspunkte, sondern über die Nutzung eurer Fähigkeiten und Kampfhaltungen. Setzt ihr also hauptsächlich auf das Schwert könnt ihr euch irgendwann über entsprechende Schwertskills freuen, welche sich je nachdem, ob ihr offensiv oder defensiv gespielt habt, nochmal unterscheiden. Das intuitive System hat man schnell verinnerlicht und kann schnell anfangen seine Charaktere nach seinen Vorstellungen zu formen. Durch die fehlende Skillübersicht ist diese Art der Charakterentwicklung aber auch ein Stück weit Glücksspiel, und ihr wisst nie, ob sich das Verwenden einer bestimmten Waffe lohnt oder ob ihr mit einer anderen besser bedient währet.
Auch das Magiesystem weiß zu überraschen. Um einen Zauber ausführen zu können, müsst ihr zunächst einen „Pakt“ mit dem entsprechenden Element schließen. Eure Gegner können den selben Pakt aber auch für sich einfordern, was stellenweise zu einem magischen Tauziehen führt. Je häufiger ein Element verwendet wird, desto größer ist außerdem der Einfluss von diesem auf das Schlachtfeld, was die Stärke im jeweiligen Kampf beeinflusst, und das im Moment effektivste Element noch gefragter macht. Eher nervig dagegen ist das Erlernen der Zauber, denn diese müssen zunächst ausgerüstet werden und blockieren somit einen kostbaren Equipment-Slot, bis ihr sie denn irgendwann auswendig gelernt habt.
Spaß am Frust
The Legend of Legacy hat sicherlich einige Schwächen. Die hohe Encounter-Rate hat mich beim Spielen das ein oder andere Mal fast zur Weißglut gebracht, und der nonlineare Spielverlauf führt einen manchmal in Gebiete, in denen sich die eben noch ruhmreiche Party schnell in Hackfleisch verwandelt. Aber genau diese Unzugänglichkeit habe ich auch genossen. Es ist ein Spiel, auf das man sich einlassen muss, um Spaß zu haben. Wer sich manchmal nach den RPGs der alten Tage sehnt und einen knackigen Schwierigkeitsgrad nicht scheut, oder seit Jahren auf einen neuen SaGa-Titel wartet, sollte hier unbedingt zugreifen. Alle anderen werden sich hier wohl leider die Zähne ausbeißen.
Benjamin Wilhelm
Bildquelle(n): ATLUS