Ein Sommerloch erkennt man daran, dass die Zeitungen über entlaufene Tiere schreiben und das Fernsehen Wiederholungen bringt. Selbst im Kino laufen derzeit Wiederaufführungen alter Filme, die mit Luc Bessons brandneuem Sci-Fi-Abenteuer „Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“ konkurrieren.
Bessons Produktion rühmt sich, der teuerste europäische Film aller Zeiten zu sein (siehe auch die separate Filmbesprechung). Aber ob das sicherlich bildgewaltige Spektakel zum Klassiker taugt, der Jahrzehnte später eine Wiederaufführung in den Kinos bekommen könnte? Luis Bunuels „Belle de Jour“ aus dem Jahr 1966 wird, in restaurierter Fassung, diese Ehre gerade zuteil. Mit einer von Catherine Deneuve gespielten Ehefrau aus gutem Hause, die sich prostituiert, hält der Film der verlogenen bürgerlichen Sexualmoral jener Zeit den Spiegel vor. Ebenfalls zurück in den Kinosaal finden in dieser Woche zwei weitere beliebte Filme der Vergangenheit, nämlich „La Boum – Die Fete“ und „Das Sams“.
Mit solchen hochkarätigen Publikumsrennern mitzuhalten, dürfte den übrigen Kinostarts schwerfallen. Aus Frankreich kommen zwei Komödien, „Five“ und „Das unerwartete Glück der Familie Payan“, aus Deutschland die flotte Dramödie „Einmal bitte alles“ über eine 27-Jährige in der Krise. Wer sich gerne von einem melodramatischen Epos rühren lassen will, ist in Radu Mihăileanus „Die Geschichte der Liebe“ gut aufgehoben. Dort wird vor lauter Gefühl die Grenze zum Kitsch unbesorgt überschritten.
Einmal bitte alles
Regie: Helena Hufnagel, Verleih: Der Filmverleih
Die 27-jährige Isi (Luise Heyer) hängt in der Warteschleife, nämlich in einem endlosen Praktikum bei einem Verlag. Vergeblich hofft die Akademikerin, dass es sie ihrem Traumjob als Illustratorin einen Schritt näherbringt. Als sie das Gespräch mit der Chefin sucht, wird sie gefeuert. Isis bester Freundin und Mitbewohnerin Lotte (Jytte-Merle Böhrnsen) ergeht es derweil anders, sie bekommt eine Stelle und stellt Isi auch noch ihren neuen Freund vor. Einsam, mittellos und ohne Perspektive fühlt sich Isi auf einmal sehr fremd in der Welt.
Das Regiedebüt Helena Hufnagels ist eine gelungene, sehr unterhaltsame Dramödie über eine Frau, für die die Stunde der Wahrheit gekommen zu sein scheint. Es sieht nämlich nicht so aus, als würden sich ihre rosigen Zukunftsträume verwirklichen lassen. Wie Isi auf der Suche nach Orientierung herumtaumelt, ist gut beobachtet und gespielt. Authentizität und humorvolle Zuspitzung gehen in diesem Film eine funktionierende Verbindung ein.
Das unerwartete Glück der Familie Payan
Regie: Nadège Loiseau, Verleih: Wild Bunch Germany
Nicole (Karin Viard) geht auf die 50 zu und reagiert entsetzt, als sie noch einmal schwanger wird. Schließlich hat sie bereits zwei erwachsene Kinder und eine Enkelin. Sie arbeitet an einer Mautstation und schmeißt den Haushalt der chaotischen Familie, zu der ihr arbeitsloser Mann (Philippe Rebbot), ihre alte Mutter, Tochter und Enkelin gehören. Was soll dann erst werden, wenn das Baby kommt?
Die Komödie spielt im Milieu der kleinen Leute, die sich finanziell gerade so über Wasser halten. Es läuft längst nicht alles rosig bei den Payans, aber im Krisenmodus erkennen die Familienmitglieder, was sie aneinander haben. Karin Viard und Philippe Rebbot funktionieren als komödiantisches Gespann mit Herz und Gemüt, wenn der Ehemann Nicole jetzt widerwillig und überfordert unter die Arme greifen muss. Der Film will viel auf einmal sein, realistisch und schräg, lustig und ernst. Das lässt die relativ amüsante Geschichte auf Dauer etwas unrund wirken.
Bianka Piringer
Copyright der Bilder: Der Filmverleih, Wild Bunch Germany