Den Namen Nippon Ichi verbindet man hauptsächlich mit klassischer JRPG-Kost, doch mit The Witch and the Hundred Knight ging die Firma vor gut zwei Jahren neue Wege. Durch die isometrische Perspektive und das action-orientierte Kampfsystem erinnerte der Titel eher an westliche Rollenspiele wie Diablo oder Torchlight, würde der typische Anime-Stil nicht das Herkunftsland verraten. Leider wurde das Spielvergnügen seinerzeit durch einige böse Bugs getrübt. Grund genug, im Zuge der HD-Remake-Welle eine überarbeitete und erweiterte Version des Spiels zu veröffentlichen. Begeben wir uns also erneut in die Knechtschaft der Sumpfhexe Metallia und schauen was uns erwartet.
Ein Leben als Lakai
Euer Alter-Ego spielt nämlich nur die Rolle von Metallias Handlanger: Eine seit 100 Jahren zwischen ihr und der Waldhexe Malia existierende Fehde verleitet sie dazu, den legendären Hundred Knight zu beschwören, in dessen Rolle ihr keine andere Wahl habt als ihre Befehle entgegen zu nehmen. Ein Pakt bindet euch so lange an eure Meisterin bis ihr Malia den Todesstoß versetzt. Tatsächlich dauert es bis zum Ableben der Waldhexe zwar nicht sonderlich lange, doch da nicht Ihr den letzten Schlag ausführt, sind die Konditionen des Vertrags nicht erfüllt, und ihr habt die Ehre Metallia (die in der japanischen Version von The Witch and the Hundred Knight noch den Namen „Metallica“ trug) für immer dienen zu dürfen. Diese hat auch schon neue Aufgaben für euch, denn sie plant ihren Machtbereich auszubauen und die Fantasy-Welt Medea mit ihrem Sumpf zu überziehen.
Um dies zu erreichen zieht ihr als Hundred Knight von Level zu Level, verdrescht in bester Hack-and-Slay-Manier die dort ansässigen Goblins und Pflanzenwesen und aktiviert sogenannte Sumpf-Pfeiler. An diesen könnt ihr euch temporäre Verbesserungen wie zusätzliche Angriffs- oder Verteidigungspunkte kaufen und euch zu Metallias Hütte zurückteleportieren. Da eure Kräfte an die Hexe gekoppelt sind, müsst ihr nämlich regelmäßig den heimischen Sumpf aufsuchen, um eure Magie aufzufrischen. Ein Timer informiert euch dabei über eure verbliebene Zeit, ist dieser abgelaufen, verliert ihr stetig Lebenspunkte bis zum sicheren Ende. Was anfangs nicht weiter stört, wird im weiteren Spielverlauf ab und an etwas nervig, insbesondere wenn ihr kurz vor einem Boss nochmal den Level verlassen und damit Ladezeiten etc. in Kauf nehmen müsst, nur weil eure Kräfte so gut wie ausgezehrt sind.
Trefft ihr bei euren Ausflügen auf Dörfer, könnt ihr diese durch die „Witch Domination“-Funktion für eure Meisterin beanspruchen. Der Hundred Knight verprügelt kurzerhand die Einwohner des Dorfes, was euch mal mehr, mal weniger seltene Gegenstände und schlechtes Karma einbringt. Sinkt euer Karma zu tief beginnen auch ursprünglich freundliche NPCs euch anzugreifen. Was zunächst interessant und innovativ klingt, verliert leider mehr und mehr an Bedeutung, da die zu erhaltenen Gegenstände meist zu genüge auch in den Dungeons zu finden sind. Schade, denn so wirkt das ganze wie ein Fragment einer ursprünglich guten Gameplay-Idee, die nach und zusammengestrichen wurde.
Schwing den Hexenhammer
Als Hundred Knight seid ihr natürlich kein gewöhnlicher Krieger, sondern verfügt über die Kräfte einer ganzen Armee. Bis zu fünf Waffen können gleichzeitig ausgerüstet werden. Geht ihr hierbei geschickt vor entstehen Verkettungen, die für zusätzlichen Schaden und Geschwindigkeit sorgen. Zusätzlich stehen verschiedene Facetten zur Auswahl, durch die ihr euren Ritter vom Allrounder in einen schaden-schluckenden Tank oder flinken Shinobi verwandeln könnt. Wer lieber auf Magie setzen will, kann sich in einem Pool von Zauberkräften bedienen, die beispielsweise geschwächte Gegner in Gegenstände verwandeln oder blockierte Pfade durch Bomben frei räumen. Auch wenn das Spiel im Herzen ein Hack and Slay bleibt, ist für eine gewisse Spieltiefe also gesorgt. Die Waffenkombinationen sorgen für Abwechslung, und „Nippon Ichi“-typisch können geübte Spieler durch die geschickte Verbindung von Waffen und Facetten versuchen, das Maximum aus den Statuswerten ihres Helden zu holen. Wirklich nötig ist das in The Witch and the Hundred Knight aber eigentlich nicht.
Alles in Allem bleibt The Witch and the Hundred Knight ein Spiel das mehr von seiner unkonventionellen Story und den verschrobenen Charakteren als von seinem Gameplay lebt. Bei letzterem hatte ich leider oft den Eindruck, dass hier viel geplant war, von dem man letztlich wenig umsetzen konnte, und daran ändert auch die Revival-Edition nichts. Neu in dieser ist lediglich ein von der eigentlichen Geschichte abgetrennter Dungeon namens „Tower of Illusion“, in welchem ihr euch von einem Stockwerk zum nächsten kämpft, Items sammelt und als kleines Schmankerl ab und an die Rolle von Metallia übernehmen dürft. Zudem wurden die teilweise verheerenden Bugs der PS3-Version entfernt. Dafür ist die Geschichte stimmig und die wie ein Seemann fluchende Metallia mit ihrer herrischen Art als Protagonistin unglaublich erfrischend. Auch Nebencharaktere wie ihr Butler Arlecchino, der regelmäßig Attentate auf die eigentlich unsterbliche Hexe durchführt, oder die in einen Hund verwandelte Inquisitorin Viscole wissen zu überzeugen. Wer nichts gegen etwas derbere Dialoge einzuwenden hat und ein gutes Single Player Hack and Slay auf der Playstation 4 sucht, macht mit Nippon Ichis Hexenjagd nichts falsch.
Benjamin Wilhelm
Bildquelle(n): ©2013-2015 Nippon Ichi Software, Inc. ©2013-2016 NIS America, Inc.