Spätestens seit der gelungenen Anime-Umsetzung aus dem Jahre 2010 entwickelte sich ein regelrechter Hype um Steins;Gate: Denn die zunächst unscheinbare Geschichte, um einen selbsterklärten Mad Scientist und seiner Clique entwickelt sich rasant in Richtungen, die man sich in seinen wildesten Träumen nicht ausgemalt hätte. Egal, ob als Anime oder Visual Novel, ein Problem hatte Steins;Gate jedoch: Irgendwann war es zu Ende.
Mit Steins;Gate 0 wird dieses Problem endlich behoben. Denn auch wenn der Name ein Prequel vermuten lässt, knüpft es an das Ende des Originals an und führt von dort die Geschichte weiter. Doch ist ein Nachfolger zu Steins;Gate überhaupt eine gute Idee?
Das Wort „Ende“ ist in diesem Fall jedoch etwas missverständlich: Denn wie Visual Novels nun einmal so sind, bot Steins;Gate verschiedene davon. Steins;Gate 0 baut hierbei nicht etwa auf dem True Ending auf, das man auch aus der Anime-Serie kennt, sondern auf einem alternativen Ende, das einen weniger erfreulichen Abschluss fand. Bevor es im Text weitergeht, ist daher ein kleiner Disclaimer nötig: Da Steins;Gate 0 direkt auf seinen Vorgänger aufbaut, sind Spoiler zu Steins;Gate unausweichlich.
Konsequenz der Verzweiflung
Rintaro Okabe ist nicht mehr er selbst. Nein, vielleicht ist genau das Gegenteil der Fall, vielleicht ist er zum ersten Mal im Leben tatsächlich genau das: er selbst. Die künstliche Rolle des Mad Scientists streifte er von sich, seine Wissenschaft gab er auf, seine fröhliche Façade ebenfalls. Denn im Laufe unglücklicher Ereignisse ist Kurisu Makise am Ende von Steins;Gate gestorben – und zwar durch seine eigenen Hände. Er tat alles, um ihren Tot zu verhindern, doch letztendlich sollte er selbst es sein, der ihr Schicksal auf dem Gewissen hat. Oh, du süße Ironie.
Wer einmal eine Zeitmaschine erfunden hat – und mag es nur ein genialer Zufall gewesen sein – wird seine Vergangenheit allerdings so schnell nicht los. Mächtige Organisationen zeigen Interesse an Okabes Werk. Organisationen, die in der Regel ein „Nein“ weder in kurzer noch in langer Form akzeptieren – oder sich für das Wohlergehen des Erfinders sorgen. Doch das ist nicht alles: Eine alte Freundin und Kollegin von Kirisu tritt in Okabes Leben. Sie führt ihm eine ausgeklügelte Erfindung vor, die sie einst zusammen mit Kirisu entwarf. Eine ausgetüfelte, fast schon lebensechte KI – deren Persönlichkeit ausgerechnet an Okabes verstorbene Freundin angelehnt ist. Grenzen zwischen einem kalten PC und bitterer Realität fangen an zu verschwimmen.
Viel mehr möchte ich an dieser Stelle von der Geschichte nicht verraten. Fans können sich aber natürlich auf ein Wiedersehen mit alten Bekannten freuen, deren Verhältnisse zu Okabe sich oftmals etwas gewandelt haben. Der Plot kommt gewohnt spannend daher und bietet – ganz so wie man es von einem würdigen Nachfolger erwartet – unerwartete Twists und abgefahrene Momente, bei denen man sich im Nachhinein nicht ganz sicher ist, ob das gerade wirklich passiert ist.
Mit einem Lächeln durch die Dunkelheit
Steins;Gate 0 kommt deutlich düsterer und hoffnungsloser als sein Vorgänger daher. Trotzdem wird jedoch das Kunststück vollbracht, Szenen mit dem Steins;Gate-typischem Humor immer wieder aufzulockern. Ein echtes Wechselbad der Gefühle: Trocknen gerade erst die Tränen der letzten emotional verstörenden Szene, bringt einem Steins;Gate 0 plötzlich zum Lachen – nur um einen kurz darauf wieder das Herz zu brechen.
Wie sein Vorgänger bietet natürlich auch Steins;Gate 0 verschiedene Enden. Ein knappes halbes Dutzend davon und wer das wahre Ende sehen möchte, kommt nicht drumherum Steins;Gate 0 mindestens zweimal durchzuspielen. Die Art und Weise wie Entscheidungen den Spielablauf beeinflussen, sind jedoch wie bereits im Vorgänger weniger klar und transparent als man es sich oftmals wünschen würde. Wieder einmal sind es nämlich die Antworten auf teils willkürlich wirkende SMS, die im weiteren Spielverlauf bestimmen wie es weitergeht. Ohne Guide fällt es da schwer, alle Enden zu sehen.
Visual Novel-typisch ist die Präsentation von Steins;Gate 0 natürlich spartanisch – schließlich besteht der Spielablauf nur aus dem Lesen langer Texte – aber einmal mehr dürfen wir sehr gelungene Hintergründe und einem atmosphärischen Soundtrack lauschen.
Steins;Gate 0 – Fazit
Aller Skepsis zum Trotz schafft Steins;Gate 0 das beinahe Unmögliche: Es stellt einen würdigen Nachfolger zu Steins;Gate dar, der sich nicht etwa überflüssig anfühlt, sondern die Geschichte gekonnt und sinnvoll um ein neues Kapitel erweitert. Im Leben von Okabe mag sich einiges geändert haben, doch letztendlich stellt sich doch wieder das wohlige Gefühl ein, zu Hause zu sein – und einer spannenden wie einfallsreichen Geschichte beizuwohnen.
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