Als eine Dämonenseuche ihre Heimat mit Schrecken und Leid überzieht, verliert die junge Frau Velvet Alles – sogar ihre Menschlichkeit. Was folgt, ist ein wutentbrannter, erbarmungsloser Rachefeldzug, der nicht nur Dämonen, sondern auch Menschen ihre Leben kostet. Ob das Gemetzel in Tales of Berseria den Kauf wert ist, sagen wir euch im Test.
Tales of Berseria – Die Handlung
Viel konkreter möchte ich, was die Motivation der Protagonistin angeht, auch ehrlich gesagt gar nicht werden. Was ich aber sagen kann, ist, dass der Einstieg in diesen Tales of-Teil besonders düster geworden ist und die Beweggründe der Heldin darin sehr nachvollziehbar gemacht werden. “Heldin” mag in diesem Fall übrigens nicht ganz der richtige Begriff sein, denn wie erwähnt bleibt, Velvet Crowe kein Mensch. Vielmehr ist sie ein von nichts als negativen Gefühlen getriebener Dämon, der seine Gegner mit seiner Klaue verspeist, um ihre Kräfte zu gewinnen. Ein Dämon, der nichts außer Blut schmecken kann und seine Gefährten als bloße Werkzeuge zum Erreichen seines Ziels betrachtet. Und mit “Ziel” ist in dem Fall die Tötung des Retters der Menschheit gemeint.
Dennoch gibt es erstaunlicherweise tatsächlich Einige, die sich diesem verwerflichen, wahnsinnigen Vorhaben aus ihren ganz eigenen Gründen anschließen. Denn die Abtei, die Institution, der der Retter angehört, hat auch Feinde. Ihre Exorzisten sind zwar die Einzigen, die den Dämonen Einhalt gebieten können. Ihre Kräfte dafür beziehen sie allerdings aus Wesen, die Malakhim genannt werden. Diese werden dabei allerdings zu willenlosen Sklaven degradiert – ein Fakt, der den wenigen freien Malakhim natürlich sauer aufstößt. So kommt schließlich eine wirklich seltsame, aber logisch nachvollziehbare Gruppe zustande.
Tales of Berseria – Skits
Rachefeldzüge sind nicht wirklich etwas Neues in der Unterhaltungsbranche. Dennoch schafft es Berseria zumindest bei mir, ein starkes Interesse am Ausgang der Geschichte zu wecken. Das liegt unter anderem daran, dass es auch hier wieder die Skits gibt. Das sind kleine Dialoge, die man sich im Lauf seiner Reise anhören kann, aber nicht muss. Darin werden teilweise Details der Haupthandlung besprochen, häufig aber auch einfach Smalltalk betrieben. Dadurch, dass diese Gespräche auch vertont sind, gewinnen die Charaktere der Gruppe enorm an Tiefe und wachsen einem kontinuierlich mehr ans Herz. Tatsächlich macht dieses Spielelement für mich einen großen Teil des Reizes der Serie aus und unterscheidet es von Genrekollegen. Neben dem gezeichneten Intro, den Zwischensequenzen, sowie dem generellen Charakterdesign sind die Skits der letzte Schliff, um das Gefühl eines Animes zum Mitspielen zu erzeugen.
Die Vorgängerteile muss man übrigens nicht gespielt haben, um die eigenständige Handlung von Tales of Berseria verstehen und genießen zu können.
Sehr bedauerlich ist, dass eine Szene im Prolog außerhalb Japans angepasst, sprich zensiert wurde. Diese Zensur wurde zwar gut umgesetzt, so dass sie gut aussieht und nicht auffällt, wenn man nicht von ihr weiß. Dennoch verändert sie die Stimmung in der entsprechenden Szene gegenüber dem Original.
Tales of Berseria – Das Gameplay
Im Verlauf des Spiels wird hauptsächlich die Welt erkundet und gekämpft. Die Schauplätze sind dabei in unterschiedlichen Klimazonen, Tageszeiten und Wettern angesiedelt. Somit fehlt es zwar nicht an Abwechslung, mitunter ist man bei Questreihen aber zum Backtracking gezwungen. Das heißt, man muss bereits besuchte Orte ein zweites oder auch drittes Mal aufsuchen. Allerdings gibt es in Berseria auch einige Mechaniken, die unfreiwilligem Hin- und Hergerenne entgegenwirken. So gibt es in größeren Dungeons Warp-Punkte zwischen verschiedenen Etagen und Tränke, die einen in die nächste Stadt oder an den Anfang eines Dungeons bringen. Später schaltet man sogar ein Hoverboard frei, mit dem man auf der Weltkarte schneller reisen kann.
Tales of Berseria – Die Kämpfe
Zufallskämpfe, wie in Pokémon mit seinen Höhlen voller Zubats, gibt es in Berseria zudem überhaupt nicht. Stattdessen sind alle Gegner sichtbar und können gezielt angegriffen oder umgangen werden. Die Kämpfe laufen dann in Echtzeit ab und sind wohl am ehesten vergleichbar mit Hack and Slash Spielen. Jede der vier Tasten rechts auf dem Gamepad können dabei mit Angriffsketten aus unterschiedlichen Skills (genannt „Artes“) belegt werden. Hinzu kommen dann noch verschiedene Arten von Spezialangriffen, die teils spektakulär in Szene gesetzt sind. Besonders interessant ist Velvets Klauenangriff, mit dem sie an den Kräften ihrer Gegner zehrt. Je nach Feind erhöht sich dann also beispielsweise ihre Feuerresistenz oder ihre Geschwindigkeit. Durch all diese Faktoren entsteht ein hochgradig anpassbares Kampfsystem, dass man als Spieler dem jeweiligen Gegnertypen anpassen kann. Rollenspiel-typisch spielen dabei Resistenzen und Schwächen gegenüber bestimmten Elementen und Ähnlichem eine große Rolle.
Ein nicht unerheblicher Teil des Spiels befasst sich dementsprechend auch mit der Optimierung der eigenen Ausrüstung und der seiner Mitstreiter. Dafür muss man nicht unbedingt auf einen guten Loot-Drop oder eine tolle Waffe beim Waffenhändler hoffen, um seine Gegenstände gegen bessere zu wechseln. Denn wer die nötigen Materialien in der Welt gefunden, gekauft oder aus unnützen Items gewonnen hat, kann seine bisherige Ausrüstung auch einfach damit upgraden. Ein Muss ist das zumindest auf der normalen Schwierigkeitsstufe nicht, um die Kämpfe zu bestehen. Schön ist in dem Zusammenhang, dass sich diese Stufe jederzeit ändern lässt, wenn die Kämpfe mal zu leicht oder zu schwer sind. Dabei gilt aber: je schwerer der Kampf, desto fetter die Beute.
Tales of Berseria – Nebenquests und Multiplayer
Wer besonders heikle Kämpfe wagen möchte, kann auch “rote Dämonen” genannte Elitemonster angreifen. Für die gibt es nicht nur Kopfgeld als Belohnung, sie droppen auch Items, die die Gruppe permanent buffen. Beispielsweise mit plus 10 % Bewegungsgeschwindigkeit in der Spielwelt oder mehr Spezialangriffspunkten.
Wer nicht allein spielen möchte, kann die Kämpfe mit bis zu drei Mitspielern im lokalen Coop spielen. Das geht allerdings nur, wenn auch entsprechend viele Charaktere in der Gruppe sind.
Abseits davon gibt es aber auch einige Minispiele, wie das Kellnern in einer Taverne oder die puzzle-artige Zerstörung von möglichst vielen Luftballons in möglichst geringer Zeit. Dafür erhält man dann Währung, die man für neue Kostüme und Accessoires ausgeben kann.
Tales of Berseria – Die Grafik
Berseria ist nicht nur für den PC und die PS4, sondern (in Japan) auch für die PS3 erhältlich – das sieht man ihm an. Viele Texturen sind sehr niedrig aufgelöst und die Spielwelt an sich ist, verglichen mit modernen Spielen, extrem statisch. Dennoch gefällt mir die Optik des Spiels insgesamt gut. Die Framerate bleibt auf der PS4 nämlich auch in den brachialen Kämpfen stets hoch und hält das Spiel dauerhaft flüssig. Zudem ist das Bild auf der PS4 scharf und erhebt sich somit trotz seiner unverkennbaren Old-Gen Wurzeln deutlich über das Niveau der PS3. Abgesehen davon gefällt mir aber einfach das Artdesign – auch hier vermittelt Berseria ein tolles Animegefühl.
Tales of Berseria – Die Synchro
Erfreulicherweise hat es nicht nur die englische, sondern auch die japanische Tonspur nach Europa geschafft. Die Sprecher und Sprecherinnen beider Versionen machen einen sehr guten Job, mir persönlich hat die Japanische aber besser gefallen. Insbesondere verzweifelte Schreie, die am Rand des Wahnsinns kratzen, werden hier erneut – ähnlich Death Note – perfektioniert.
Besonders schön ist, dass im Gegensatz zu Tales of Zestiria das originale Opening im Spiel enthalten ist.
Tales of Berseria – Mein Fazit
So klischeehaft das Phänomen “Rachefeldzug” vielleicht klingen mag, hat mich Tales of Berseria dennoch schnell in seinen Bann gezogen. Von den Dialogen der sympathischen Truppe aus Bösewichten, über die schnellen Kämpfe, bis zur fantastischen Synchro – hier passt für mich alles. Da rücken die insgesamt doch unterdurchschnittliche Grafik und letztendlich sogar die ärgerliche Zensur im Prolog in die Vergessenheit. Dennoch würde ich absoluten Grafikfanatikern vom Kauf abraten – genau wie denjenigen, die überhaupt nichts mit Animes anfangen können. Animefans werden aber mit Sicherheit einen mordsmäßigen Spaß mit Berseria haben.
Infobox:
- Titel: Tales of Berseria
- Publisher/Entwickler: Bandai Namco
- Release: 27.01.2017
- Plattform: PC, PS4, PS3 (nur Japan)
- USK: 12
- Genre: JRPG
- Sprachausgabe: Audio Englisch / Japanisch, Text Deutsch
- Multiplayer: lokal, bis zu vier Spieler gleichzeitig, situationsabhängig
- Besonderheiten: Szene im Prolog angepasst (zensiert außerhalb Japans)
Bildquelle(n): Bandai Namco