Auch in dieser Woche ist die Zahl der Kinostarts geradezu grotesk hoch. Da kann es nicht verwundern, wenn das Publikum nicht jeden interessanten Film zur Kenntnis nimmt.
Die größte Aufmerksamkeit dürfte wohl Wes Andersons Animationsabenteuer „Isle of Dogs – Ataris Reise“ erhalten. Aber auch das futuristische Actionspektakel „Rampage – Big Meets Bigger“ findet vermutlich sein Publikum, schon wegen Hauptdarsteller Dwayne Johnson. Deutlich auf die junge Zielgruppe zugeschnitten ist der Horrorfilm „Blumhouse präsentiert: Wahrheit oder Pflicht“.
Der norwegische Film „Was werden die Leute sagen“ schildert das Drama einer in Norwegen aufgewachsenen Jugendlichen pakistanischer Herkunft. Als der Vater die Tochter in ihrem Zimmer in Gesellschaft eines Schulfreunds erwischt, verschleppt er sie nach Pakistan, denn sie hat seiner Meinung nach die Familie entehrt. Weniger düster geht es in Isabel Coixets „Der Buchladen der Florence Green“ zu. Und „I Feel Pretty“ mit Amy Schumer gewinnt dem Stress, den sich Frauen wegen gängiger Schönheitsideale machen, lustige Seiten ab.
Es gäbe noch mehr Filme zu erwähnen, zum Beispiel den deutschen Dokumentarfilm „System Error“. Er zeigt, dass in der Wirtschaft weiterhin der Irrglaube an nie endendes Wachstum gepflegt wird, anstatt nach realistischen Zukunftsmodellen zu suchen.
Isle of Dogs – Ataris Reise
Regie: Wes Anderson, Verleih: Twentieth Century Fox
In der futuristischen japanischen Metropole Megasaki soll es keine Hunde mehr geben. Das will der korrupte Bürgermeister, der die Angst der Bewohner vor einer ausgebrochenen Hundegrippe ausnutzt, um sämtliche Hunde auf eine unbewohnte Müllinsel zu deportieren. Atari, der Adoptivsohn des Bürgermeisters, macht sich aber auf die Suche nach seinem entführten Hund Spot. Auf der Müllinsel begegnet er einem Rudel Vierbeiner, die ihm bei der Suche helfen wollen.
Der amerikanische Regisseur Wes Anderson („Grand Budapest Hotel“) ist bekannt für seine verspielte Liebe zum Detail. Auch in dieser Stopmotion-Animation sind Gestaltung und Ausstattung von zentraler Bedeutung. Der Stil nimmt dabei Bezug auf japanische Kunst und Kultur, etwa auf Animes oder den Filmemacher Akira Kurosawa. Das düstere Abenteuer wird begleitet von einer Musik, deren japanische Trommeln den Adrenalinspiegel dauerhaft in die Höhe treiben. Der originelle Film, der den Preis für die beste Regie auf der Berlinale 2018 bekam, ist praktisch ein cineastisches Muss. Mit seiner speziellen Atmosphäre wirkt er aber auch recht kühl.
Der Buchladen der Florence Green
Regie: Isabel Coixet, Verleih: Capelight Pictures
Ende der 1950er Jahre eröffnet die früh verwitwete Florence Green (Emily Mortimer) in einem verschlafenen englischen Küstenstädtchen eine Buchhandlung. Das verschafft ihr sofort die Feindschaft der tonangebenden Society-Lady Violet Gamart (Patricia Clarkson), die eigene Pläne verfolgt. Aber der Laden findet zögerlichen Anklang im Ort. Er weckt sogar die Neugier des alten Mr. Brundish (Bill Nighy), der die Einsamkeit seines Hauses schon lange der örtlichen Gesellschaft vorzieht. Kann die Buchhandlung hier also neue Impulse setzen?
Dieses Drama der leisen Töne basiert auf dem Roman „Die Buchhandlung“ von Penelope Fitzgerald. Die spanische Regisseurin Isabel Coixet („Das geheime Leben der Worte“) schildert die Lust der jungen Heldin, etwas anzupacken und die auftauchenden Probleme zu meistern, mit zärtlichem, genauem Blick. Die Figurenzeichnung gehört zum Besten dieses Films, der aber auch mit seiner Ausstattung und Machart für unterhaltsamen Kinogenuss sorgt. Emily Mortimer und Bill Nighy spielen ihre typisch britischen und doch sehr individuellen Charaktere hervorragend.
I Feel Pretty
Regie: Abby Kohn, Marc Silverstein, Verleih: Concorde Filmverleih
Renee Bennett (Amy Schumer) arbeitet bei einer Kosmetikfirma in New York, allerdings in einem winzigen Filialbüro, in dem sie nur einen einzigen Kollegen hat. Sie möchte sich so gerne für den Job an der Rezeption in der glamourösen Zentrale bewerben, aber wegen ihres Aussehens hält sie sich selbst für chancenlos. Denn sie ist pummelig und ähnelt auch sonst nicht den durchgestylten Schönheiten, die ihren Weg kreuzen, etwa in Gestalt der Firmenchefin Avery LeClaire (Michelle Williams). Im Fitnessstudio hält das Rad ihr Gewicht nicht aus, sie stößt sich den Kopf und erwacht mit einer ernsthaften Wahrnehmungsstörung. Denn auf einmal findet sie sich unwiderstehlich attraktiv. Jetzt muss sofort der Traumjob her – und natürlich ein Freund!
Das komödiantische Talent der Hauptdarstellerin Amy Schumer lässt keine Wünsche offen. Sie kann sich zur allgemeinen Belustigung in zu kurze Röckchen zwängen und auch sonst eine lächerliche Figur machen, wenn die Rolle es erfordert. Aber dann trumpft die von ihren Komplexen niedergedrückte Renee mächtig auf und haut auf den Putz, während sich die viel schöneren Frauen ungläubig die Augen reiben. Ihr neues Selbstbewusstsein nämlich trägt die äußerlich unveränderte Renee wie eine Schlafwandlerin über alle möglichen Stolperfallen hinweg. Die witzige Mutmachbotschaft lautet: So wie frau in den Spiegel blickt, so schaut ihr Bild zurück.
Bianka Piringer
Copyright der Bilder: Twentieth Century Fox (2), Capelight Pictures, Concorde Filmverleih