Nostalgie und Rückblicke stehen bei den Kinostarts dieser Woche ziemlich hoch im Kurs. Es gibt die echten Wiederaufführungen wie „A Touch of Zen“ und „Dragon Inn“, historische Dramen und dann das Phänomen „Bullyparade – Der Film“.
In dem versponnenen italienischen Drama „Träum was Schönes – Fai Bei Sogni“ rätselt ein erwachsener Mann über den frühen Tod seiner Mutter, der sein ganzes Leben überschattete. Regisseur Marco Bellocchio spürt zugleich der Atmosphäre in der italienischen Gesellschaft seit dem Ende der 1960er Jahre nach. Der französische Film „Ein Sack voll Murmeln“ basiert auf der gleichnamigen Autobiografie von Joseph Joffo. Er schildert sehr spannend und authentisch die jahrelange Flucht zweier jüdischer Brüder vor den Nazis im Frankreich des Zweiten Weltkriegs. Der Dokumentarfilm „Chavela“ ist der in Mexiko verehrten lesbischen Sängerin Chavela Vargas gewidmet, die bis kurz vor ihrem Tod im Alter von 93 Jahren noch auftrat und Erfolge feierte.
Terry Georges historisches Epos „The Promise – Die Erinnerung bleibt“ erzählt vom Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs. Das Thema wurde allzu lange filmisch vernachlässigt, sicherlich auch weil die Türkei es immer schon unter den Teppich gekehrt haben wollte. Und dann gibt es ein paar versprengte filmische Angebote, die mehr in der Gegenwart angesiedelt sind, wie das Jugenddrama „Tigermilch“. Interessant dürfte auch der Animationsfilm „Bigfoot Junior“ sein, denn Regisseur Ben Stassen hat sich bereits mit Kinoerfolgen wie „Sammys Abenteuer“ einen Namen gemacht.
Bullyparade – Der Film
Regie: Michael Herbig, Verleih: Warner Bros.
Winnetou (Michael Herbig) und Old Shatterhand (Christian Tramitz) machen den Wilden Westen immer noch mit ihrem bayerischen Akzent unsicher. Kaiserin Sissi (Michael Herbig) besichtigt ein herrschaftliches Kaufobjekt, die Mannschaft von „(T)Raumschiff Surprise“ besucht den Planet der Frauen. Außerdem gibt es auch an der Wall Street und in der DDR noch etwas zu erledigen.
Vor 20 Jahren lief die Comedyshow „Bullyparade“ zum ersten Mal im Fernsehen. Aus diesem Anlass bringt Michael Herbig einen nostalgischen Episodenfilm auf die Leinwand, in dem die aus der Sendung bekannten Figuren neue Abenteuer erleben. Egal, ob der Mauerfall verhindert wird oder Winnetou heiraten will, die Witze wirken ausgesprochen dämlich.
The Promise – Die Erinnerung bleibt
Regie: Terry George, Verleih: Capelight Pictures
Der junge Armenier Michael Boghosian (Oscar Isaac) kommt im Jahr 1914 aus der Provinz nach Konstantinopel, um Medizin zu studieren. Obwohl er daheim verlobt ist, verliebt er sich in die Künstlerin Ana (Charlotte Le Bon). Die ist ihrerseits aber mit dem amerikanischen Fotojournalisten Chris Myers (Christian Bale) verlobt. Als der Erste Weltkrieg ausbricht, beginnt die Verfolgung der Armenier im Osmanischen Reich. Bald finden unter Ausschluss der Weltöffentlichkeit Deportationen und Massaker statt. Die Wege von Michael, Ana und Chris trennen sich und kreuzen sich wieder während der dramatischen Ereignisse.
Mit epischem Atem und großer inszenatorischer Sorgfalt vertieft sich dieses Drama in die Tragödie des Völkermords an den Armeniern im Osmanischen Reich mit seinen geschätzt bis zu 1,5 Millionen Todesopfern. Sehr anschaulich wird geschildert, wie sich das gesellschaftliche Klima mit Hass gegen die christliche Minderheit auflädt, wie dann systematisch Inhaftierungen, Todesmärsche und andere Gräuel folgen. Die romantische Dreiecksgeschichte gibt dem Ganzen eine persönliche Note und hilft, die Charaktere in der Epoche zu verankern. Besonders Christian Bale sorgt mit seiner Darstellung eines hitzköpfigen, engagierten Mannes für Aufsehen.
Tigermilch
Regie: Ute Wieland, Verleih: Constantin Film
Nini (Flora Li Thiemann) und Jameelah (Emily Kusche) sind beste Freundinnen, 14 Jahre alt und wohnen in einem Blockviertel in Berlin. In den Sommerferien steht ihnen der Sinn nach ersten Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht. Aber die aus dem Irak stammende Jameelah sorgt sich zugleich, dass es mit ihrer ersehnten Einbürgerung nicht klappen könnte. Dann werden die beiden auch noch Zeuginnen eines Mordes in der Nachbarschaft.
Das Coming-of-Age-Drama basiert auf dem gleichnamigen Roman von Stefanie de Velasco und erzählt vom letzten Sommer einer Kindheit. Die beiden Freundinnen aus dem Blockviertel sind freche, gut gespielte Großstadtgören, die früh mit familiären und gesellschaftlichen Problemen konfrontiert werden. Es gibt viele aktuelle Themen wie ethnische Spannungen unter Migranten, das Aufwachsen unter der drohenden Gefahr der Abschiebung, Gewalt gegen Frauen in ausländischen Familien. Vielleicht ist das alles ein bisschen viel für einen Film über eine Mädchenfreundschaft, der aber definitiv Biss hat.
Bianka Piringer
Copyright der Bilder: Warner Bros, Capelight Pictures, Constantin Film