Die Kinostarts dieser Woche führen mit einem Sci-Fi-Action-Blockbuster, animierten Hasen und einem übernatürlichen Thriller Fantasievolles im Programm. Nicht nur wegen der schelmischen Hasen ist auch der Komödiensektor gut vertreten.
Im Sequel „Pacific Rim: Uprising“ blasen die Kaiju-Monster ein zweites Mal zum Angriff auf die Erde und eine neue Generation von Jaeger-Piloten tritt gegen sie an. Passend zur Osterzeit kommt mit „Peter Hase“ auch ein lustiger Langohr-Film ins Kino. Aber der Mix aus Real- und Animationsfilm beweist, dass Hasen auch anders können, als nur unschuldig zu sein. Auf der Basis der Kinderbücher von Beatrix Potter geht es hier nicht ums Ostereierfärben, sondern um einen Krieg mit dem Gemüsegärtner von nebenan und seinem Neffen. Das turbulente Geschehen dürfte Kindern Spaß machen, auch wenn sich viele Dialoge eher an ihre älteren Begleiter richten.
Fantasievoll geht es manchmal auch in der bayerischen Familiensaga „Zwei Herren im Anzug“ zu, welche die deutsche Geschichte seit dem Ersten Weltkrieg im Blick hat. Zwei weitere Filme überzeugen ebenfalls damit, wie sie Realität und menschliches Erleben miteinander verweben. „I, Tonya“ erzählt in Form einer satirischen Komödie die Geschichte der amerikanischen Eiskunstläuferin Tonya Harding. Ihre Karriere endete unrühmlich, nachdem ihr Mann ihre Konkurrentin Nancy Kerrigan 1994 mit einem Knüppel attackieren ließ. Im Horrorthriller „Thelma“ entwickelt die Titelheldin in einer psychischen Krise unheimliche Kräfte.
An ein jugendliches Publikum richtet sich der romantische Schmachtfetzen „Midnight Sun – Alles für dich“ mit Bella Thorne und Patrick Schwarzenegger. Die innerfranzösische Culture-Clash-Komödie „Willkommen bei den Sch‘tis“ entwickelte sich nach dem Start 2008 zum Megahit. Nun legt Regisseur und Hauptdarsteller Dany Boon noch einmal nach, mit „Die Sch‘tis in Paris – Eine Familie auf Abwegen“. Das Sequel präsentiert eine völlig neue Geschichte mit anderen Charakteren. Es macht sich deftig lustig über den Dünkel der reichen Hauptstadtbewohner, die sich auf ihren Kunstgeschmack und Lebensstil viel einbilden. Aber leider fällt ihm zu den Sch‘tis aus dem hohen Norden diesmal nichts Besseres ein, als sie als prollige Underdogs zu karikieren. Das macht nur eine Weile Spaß, wirkt dann aber viel weniger charmant und originell als der erste Film.
I, Tonya
Regie: Craig Gillespie, Verleih: DCM
Im Jahr 1991 gelingt der Eiskunstläuferin Tonya Harding (Margot Robbie) aus Portland, Oregon, die Sensation: Sie steht im Wettbewerb einen dreifachen Axel, einen Sprung, den vor ihr noch keine Amerikanerin geschafft hat. Doch der Weg bis zu diesem Durchbruch an die Spitze war hart – und er ist noch nicht zu Ende. Tonya ist von ihrer ehrgeizigen Mutter LaVona Harding (Allison Janney) von klein auf zur Höchstleistung gedrillt worden. Diese Sportlerin aus dem White-Trash-Milieu ist Schläge bereits gewöhnt, als sie Jeff Gillooly (Sebastian Stan) heiratet, der ebenfalls zu Streit und Gewalt neigt. Eisern trainiert Tonya weiter, trotz der Hindernisse, denen sie überall begegnet. Dann kommt endlich der Durchbruch, sie darf sich Hoffnungen auf Goldmedaillen machen, aber da gibt es diese Rivalin auf dem Eis, Nancy Kerrigan (Caitlin Carver)…
Craig Gillespie erzählt vom Aufstieg und tiefen Fall der Eiskunstläuferin Tonya Harding in Form einer satirisch bissigen Dramödie. Der Film macht sich mit seinem ruppig-komödiantischen Ton über das prekäre Milieu der Heldin und sogar über diese selbst lustig, ohne ihr den Respekt zu verweigern. Harding, von Margot Robbie mit furiosem Optimismus gespielt, ist eine unglaublich taffe Kämpfernatur. Für die Rolle ihrer biestigen Mutter LaVona hat Allison Janney gerade einen Oscar bekommen. Tonya will es dem sportlichen Establishment zeigen, das über die talentierte Außenseiterin die Nase rümpft. Diese sozialen Barrieren kommen deutlich zum Vorschein, gerade weil der Film auf eine Haltung ernster Betroffenheit verzichtet. So wird er zu einem schräg schillernden Kino-Highlight dieses Jahres.
Thelma
Regie: Joachim Trier, Verleih: Koch Films
Thelma (Eili Harboe) ist aus der norwegischen Provinz nach Oslo gekommen, um zu studieren. Die streng religiöse Erziehung ihrer Eltern verbietet ihr die normalen Freuden des Studentenlebens. Thelma fühlt sich einsam, hat Angst, ihren Vater zu enttäuschen und erleidet einen epileptischen Anfall. Eine medizinische Untersuchung aber ergibt, dass sie keine Epileptikerin ist. Thelma lernt die Kommilitonin Anja (Kaya Wilkins) kennen, zu der sie sich sehr hingezogen fühlt. Ihre Anfälle häufen sich und sie scheint in ihrer seelischen Not übernatürliche Kräfte zu entwickeln. Denn Anja ist eines Tages verschwunden.
Dieser norwegische Mysterythriller ist dramaturgisch hervorragend aufgebaut. Der Verlauf der Handlung bleibt vollkommen unvorhersehbar. Mal sieht es so aus, als würde Thelma den Verstand verlieren, mal glaubt man, ihr merkwürdig kontrollierender Vater habe ein dunkles Geheimnis. Nach und nach fügt der Film Details aus Thelmas Kindheit hinzu, die ein neues Licht auf die Ereignisse werfen. Psychologisch wirkt das Geschehen sehr plausibel, selbst das Spiel mit dem Übernatürlichen erscheint nicht aufgesetzt. Langsam und dennoch spannend erzählt, verbindet der Film eine individuelle Entwicklungsgeschichte mit interessanten philosophischen Fragen über Gut und Böse.
Zwei Herren im Anzug
Regie: Josef Bierbichler, Verleih: X-Verleih
1984, nach der Beerdigung seiner Frau Theres (Martina Gedeck), kommt der bayerische Gastwirt Pankraz (Josef Bierbichler) mit seinem erwachsenen Sohn Semi (Simon Donatz) ins Gespräch. Die beiden Männer haben sich entfremdet und Pankraz weiß nichts von dem Trauma, das den Sohn quält. Der Alte beginnt, sich zu erinnern. Der große Bruder zieht in den Ersten Weltkrieg, verliert den Verstand, als er zurückkehrt. So muss Pankraz, statt Opernsänger zu werden, den väterlichen Gasthof übernehmen. Später werden im Haus Vertriebene einquartiert. Der Sohn bleibt ihm fremd und hängt sehr an Theres, die von den Schwägerinnen schikaniert wird. Was ist die Leistung eines langen Lebens, was blieb auf der Strecke? Ist die Heimat Fluch oder Segen?
Der Schauspieler und Schriftsteller Josef Bierbichler spannt in diesem auf seinem Roman „Mittelreich“ basierenden Familienepos einen Bogen über mehrere Epochen deutscher Geschichte. Die Zeitläufte setzen Pankraz und seine Angehörigen ebenso unter Anpassungsdruck, wie die Regeln des dörflichen Mikrokosmos. Die Inszenierung liebt die große Geste und spiegelt das barocke bayerische Lebensgefühl. Skurriles und Wunderliches darf in diesem kritischen, persönlichen Heimatfilm nicht fehlen, der durchaus philosophisch über Lebenslügen und das oft vergebliche Streben des Menschen sinniert. Die schrägen Töne der Band „Kofelgschroa“ bilden das akustische Sahnehäubchen auf dieser gehaltvollen Kinokost.
Bianka Piringer
Copyright der Bilder: DCM (2), Koch Films, X-Verleih