Das sieht wieder ganz nach einer perfekten Filmwoche aus. Die Anzahl der Kinostarts hält sich in Grenzen, aber es befinden sich schillernde bis hochkarätige Werke darunter.
Das in einem Provinzkaff im Mittleren Westen der USA spielende Krimi-Drama „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ hat soeben sieben Oscar-Nominierungen erhalten. Weniger schwarzhumorig, aber noch anrührender ist das Drama „Wunder“, in dem Julia Roberts die Mutter eines Jungen mit entstelltem Gesicht spielt.
Zwei interessante Spielfilme kommen aus Deutschland. An RP Kahls „A Thought of Ecstasy“ dürften sich die Geister scheiden. Denn das zwischen Realität und Fantasiewelten angesiedelte Roadmovie schwelgt ausführlich im Gedankenkosmos seines Helden, der in Kalifornien einer lange verflossenen Liebe nachspürt. Das ist nicht direkt langweilig, zumal es sehr, sehr freizügige Sexszenen gibt. Im Gangsterfilm „Nur Gott kann mich richten“ von Özgür Yildirim spielt Moritz Bleibtreu einen Frankfurter Kriminellen, der seinen Bruder in einen neuen Coup mit hineinzieht.
In Brooklyn ist das Jugenddrama „Beach Rats“ angesiedelt, über einen Teenager, der seine homosexuellen Neigungen verschweigt. „On the Beach at Night Alone“ spielt in Hamburg und Südkorea und handelt von der schwierigen Selbstfindung einer jungen Frau. „Letzte Tage in Havanna“ lotet am Beispiel einer Männerfreundschaft das Lebensgefühl auf Kuba in einer Zeit des Umbruchs aus.
Wunder
Regie: Stephen Chbosky, Verleih: Studiocanal
Auggie Pullman (Jacob Tremblay) soll im Alter von zehn Jahren zum ersten Mal auf eine öffentliche Schule gehen. Bislang hat den Jungen mit dem seit der Geburt entstellten Gesicht seine Mutter Isabel (Julia Roberts) zuhause unterrrichtet. Doch nun findet sie, dass Auggie das Wagnis eingehen soll, mit Gleichaltrigen zusammenzukommen. In der fünften Klasse hat der wissbegierige Junge auch schon bald viel Freude am Lernen. Aber die anderen Schüler machen einen großen Bogen um ihn.
Das berührende Drama basiert auf dem gleichnamigen Bestseller-Roman von Raquel J. Palacio und versetzt sich sehr glaubhaft in die Gedankenwelt des Jungen, der es so leid ist, angegafft und gemieden zu werden. Aber auch die Perspektiven seiner Schwester und anderer Menschen aus seiner Umgebung werden eingenommen, um zu zeigen, dass auch sie Probleme haben. Die verständnisvollen Eltern sind Auggie eine große Stütze, aber ob er Freunde findet, das liegt nicht in ihrer Hand. Der optimistische Grundton des Films bildet einen spannenden Kontrast zu den dramatischen Hürden, die Auggie nehmen muss.
Three Billboards Outside Ebbing, Missouri
Regie: Martin McDonagh, Verleih: Twentieth Century Fox
Es ist schon etliche Monate her, seit die Tochter von Mildred Hayes (Frances McDormand) brutal ermordet wurde. Und der Täter ist immer noch nicht ermittelt worden. Mildred erspäht an der alten Landstraße drei ungenutzte Werbetafeln und hat eine Idee. Bald prangen auf den drei Tafeln drei kurze, flammende Botschaften an Willoughby (Woody Harrelson), den Polizeichef von Ebbing: „Im Sterben vergewaltigt“, „Und noch immer keine Festnahmen?“, „Wie kommt das, Chief Willoughby?“ Der Skandal bleibt nicht aus, aber obwohl die Polizei ihre Methoden hat, um Leute einzuschüchtern, erweist sich Mildred als harter Brocken.
Die Rolle der Mildred ist wie geschaffen für Frances McDormand, die schon oft, wie in „Fargo – Blutiger Schnee“ der Coen-Brüder, eigenwillige Frauen gespielt hat. In Ebbing herrscht der Kleinstadt-Blues, auch Willoughby und der gewalttätige, rassistische Polizist Dixon (Sam Rockwell) haben ihr Päckchen zu tragen. Es formen sich kuriose Zweckbündnisse und der Film trägt mit sarkastischem Humor die unkorrekten Eigenheiten seiner Charaktere ziemlich dick auf. Dabei wirkt er aber weniger subversiv, als vielmehr wie ein verkappter Heimatfilm, der urige Typen mag.
Nur Gott kann mich richten
Regie: Özgür Yildirim, Verleih: Constantin Film
Ricky (Moritz Bleibtreu) kommt aus dem Gefängnis und sein alter Kumpel Latif (Kida Khodr Ramadan) bietet ihm sofort einen neuen Coup an. Es handelt sich um einen fingierten Überfall bei einer Drogenübergabe. Ricky holt auch seinen jüngeren Bruder Rafael (Edin Hasanovic) mit ins Boot, doch nach dem Überfall gerät das Fluchtauto in eine Polizeikontrolle. Die Polizistin Diana (Birgit Minichmayr) erkennt in der Situation eine ungeahnte Chance.
„Jalla“, „Habibi“, die Ausdrucksweise weist auf den Migrationshintergrund vieler Leute in diesem Frankfurter Ganovenmilieu hin. Regisseur Yildirim machte sich bereits mit „Chiko“ einen Namen im deutschen Gangsterfilm-Genre. Hier skizziert er ein fatalistisches Universum, in dem fast alle, die Deutschen Ricky und Diana inklusive, Underdogs und zugleich Familienmenschen sind. Aber das Beste zu wollen, reicht nicht aus, um die Kurve zu kriegen. Insofern ist auch der Filmtitel Programm, denn er verweist auf die Ähnlichkeit des Films mit einem Klagelied gegen, nun ja, das Schicksal. Aber die Dramaturgie lässt die Fäden sehr geschickt zusammenlaufen und baut eine beträchtliche Spannung auf.
Bianka Piringer
Copyright der Bilder: Studiocanal, Twentieth Century Fox of Germany, Constantin Film