Mit dem Wunschdenken, dass den Menschen allgemein oder individuell eine rosige Zukunft bevorsteht, räumen etliche Kinostarts dieser Woche auf. Mehrere Filmhelden können schon froh sein, wenn sie überleben, aber manchmal fehlt sogar diese Perspektive.
Im Spektakel „Avengers: Infinity War“ paktieren die Superhelden und andere ikonische Gestalten aus dem Marvel Cinematic Universe gegen den bösen Thanos. Das kampflastige Szenario versammelt eine entsprechend lange Reihe namhafter Darsteller. Wie sich die Helden dagegen stemmen, dass Thanos die Macht bekommt, die Bevölkerung auf der Erde und anderswo radikal zu reduzieren, hat trotz reichlich eingestreuter Dialogkomik auch etwas Verzweifeltes.
Der Thriller „A Beautiful Day“ macht schnell klar, dass sein Titel nicht mehr als eine vage Hoffnung in einer düsteren Welt ist. Joaquin Phoenix spielt darin einen psychisch traumatisierten Auftragskiller, der ein Mädchen aus der Gewalt seiner Entführer befreien soll. Schwere Kost bietet auch das sehenswerte deutsche Drama „Draußen in meinem Kopf“ über einen gelähmten jungen Mann, der nicht mehr lange zu leben hat. Das türkische Drama „Grain – Weizen“ zeichnet das Bild einer vom Klimawandel beschädigten Zukunft.
In der Animationskomödie „Early Man“ bekommen ein paar Steinzeitmenschen von den höher entwickelten Bronzezeitmenschen vorgeführt, wie zurückgeblieben sie sind. Sie fordern ihre übermächtigen Gegner zu einem Fußballmatch heraus, dessen Ausgang über ihre Zukunft bestimmen wird. In der französischen Komödie „Madame Aurora und der Duft von Frühling“ über eine Frau in den Wechseljahren ist die Heiterkeit eher durchwachsen. Das gilt auch für die deutsche Komödie „Maybe, Baby!“, die sich mit den Beziehungsproblemen und dem Kinderwunsch eines Paares Mitte 30 befasst.
Um das Thema Migration geht es im Dokumentarfilm „Eldorado“ des Schweizers Markus Imhoof. Aber auch das fiktionale Roadmovie „Djam“ von Tony Gatlif befasst sich mit Entwurzelung und der Sehnsucht nach einer besseren Welt. Es schickt zwei junge Frauen auf eine mit viel Rembetiko-Musik unterlegte Wanderschaft.
A Beautiful Day
Regie: Lynne Ramsay, Verleih: Constantin Film
Joe (Joaquin Phoenix) steht nicht auf der Sonnenseite des Lebens. Das machen die grausigen Flashbacks deutlich, die den Auftragskiller und Ex-Soldaten in die Kindheit zurückversetzen. Der stille, gedrückte Mann kümmert sich um seine alte Mutter und verdient sein Geld damit, entführte Missbrauchsopfer zu befreien. Nun soll er im Auftrag eines Senators dessen entführte Tochter Nina (Ekaterina Samsonov) zurück nach Hause holen. Doch die Feinde sind zahlreicher und mächtiger, als erwartet.
Dieser Psychothriller der schottischen Regisseurin Lynne Ramsay basiert auf einer Novelle von Jonathan Ames mit dem Titel „You Were Never Really Here“. Auf dem Filmfestival von Cannes 2017 bekam der Film zwei Preise, für das beste Drehbuch und für den besten männlichen Darsteller. Joaquin Phoenix hat sich diese Auszeichnung redlich verdient, er spielt den wortkargen Helden, der sich durch sein Leben schleppt, großartig. Die zwischen verschiedenen Zeiten und Perspektiven wechselnde Geschichte ähnelt einem zerbrochenen Spiegel. Alles, was man darin erkennt, wirkt ebenfalls kaputt.
Early Man – Steinzeit bereit
Regie: Nick Park, Verleih: Studiocanal
Der Steinzeitmensch Dug gehört zu einem Stamm, der von der Evolution abgehängt zu werden droht. Denn plötzlich stürmen Menschen, die den Sprung in die Bronzezeit bereits geschafft haben, sein Territorium, um dort nach Erz zu graben. Dugs Stamm wird verbannt. Aber der pfiffige Kerl und sein noch pfiffigerer Freund, das Wildschwein Hognob, finden heraus, dass die Bronze-Leute in ihrer Stadt wahnsinnig gern Fußballspiele veranstalten. Dug schlägt ein Entscheidungsspiel vor, von dem die Zukunft seines Stammes abhängen soll. Blöd nur, dass seine Steinzeitleute nicht wissen, wie Fußball geht.
Das britische Animationsstudio Aardman hat so beliebte Geschichten wie „Wallace & Gromit“ und „Shaun das Schaf“ hervorgebracht. Der Animation mit Knetfiguren bleibt auch das neue Abenteuer treu, das die Entdeckung des Fußballsports ganz, ganz früh in der Menschheitsgeschichte ansiedelt. Es erzählt mit trockenem englischen Humor und viel Slapstick davon, dass auch in vermeintlichen Underdogs Talente schlummern. Nicht alles, was die Menschen für fortschrittlich halten, ist auch besser. Während die Handlung im Großen und Ganzen ziemlich konventionell verläuft, sorgen die vielen witzigen Ideen, die sie ausschmücken, für weitgehend gelungene Unterhaltung.
Draußen in meinem Kopf
Regie: Eibe Maleen Krebs, Verleih: Salzgeber
Sven (Samuel Koch) ist erst 28 Jahre alt, wird aber nicht mehr lange leben. Seit vielen Jahren leidet er an fortschreitender Muskellähmung, die ihn ans Bett einer Pflegeeinrichtung fesselt. Sven kann sprechen und sogar mit dem Mund seinen Computer steuern, aber er muss manchmal eine Sauerstoffmaske tragen. Der drohende Verlust des letzten Rests an Unabhängigkeit und Selbstbestimmung drückt Sven stark aufs Gemüt. Seine schlechte Laune bekommt auch der neue und unerfahrene Betreuer Christoph (Nils Hohenhövel) zu spüren, der nach dem Abitur sein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert. Aber Christoph lässt sich nicht so leicht vergraulen und zwischen den beiden Männern entwickelt sich eine holprige Freundschaft.
Das Spielfilmdebüt der Regisseurin Eibe Maleen Krebs setzt sich sehr intensiv und realitätsnah mit der Gefühlslage eines jungen Menschen auseinander, dem Siechtum und Tod bevorstehen. Svens Art, sich vom Leben zu verabschieden, hat so gar nichts Sanftes und Versöhnliches. Samuel Koch, der nach seinem Unfall bei „Wetten, dass..?“ im Jahr 2010 querschnittsgelähmt seine Schauspielausbildung absolvierte, stellt Sven sehr authentisch und bewegend dar. Auch der junge Nils Hohenhövel überzeugt als der engagierte FSJ-ler Christoph, der sich aufrichtig auf den Kontakt einlässt. Die Freundschaft baut Sven eine Brücke aus seiner Isolation und macht den Film zu einem Erlebnis, das man nicht so schnell vergisst.
Bianka Piringer
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