In Mario + Rabbids Kingdom Battle vereint Ubisoft Mario & Co mit den verrückten Hasen in einem Genremix à la „XCOM“. Klingt komisch, ist aber fantastisch!
Erst pfui, dann hui
Als das erste Material von Mario + Rabbids Kingdom Battle geleakt wurde, war ich nicht als Einziger wenig begeistert. Meine geliebten Nintendo-Charaktere Seite an Seite in einem Spiel mit den doofen Langohren von Ubisoft? Doch dann sollte die E3 kommen. Dort wurde der Titel erstmals offiziell vorgestellt. Plötzlich war die ganze Videospielwelt total angetan von der Idee. „Was? Die machen so was wie ‚XCOM‘ mit Mario? Wie cool ist das denn?!“, waren Worte, die mehrfach fallen gelassen wurden. Das Lustige daran: All das stand bereits in dem geleakten Material drin. Aber erst, als es Bewegtbild vom Spiel gab, sollten die Zweifler angefixt und nun mit dem fertigen Werk überzeugt werden. Und ja, ich zähle mich zu diesen Zweiflern.
Ich kann die Rabbids nicht leiden. Das liegt nicht nur daran, dass die Schreihälse den guten Rayman für Jahre von der Bildfläche haben verschwinden lassen. Es ist das gleiche Problem, das ich auch mit den Minions aus „Ich – Einfach unverbesserlich“ habe: Hier wird ein Gag genommen und bis in die Unendlichkeit ausgeweitet. Die Hasen sind halt klein, laut und verrückt. Punkt! Mehr steckt nicht dahinter, alle Gags basieren genau darauf. Damit will ich nicht sagen, dass die Weltraumkarnickel schlechte künstlerische Produkte sind, ich persönlich mag sie bloß nicht. Und dennoch habe ich mit Mario + Rabbids Kingdom Battle verdammt viel Spaß.
Chaoshasen machen… na, was wohl?
„Wie kommen die Rabbids in die Welt von Mario?“, mögt ihr fragen. Nun: Ein junges Mädchen in der „echten“ Welt ist eine begeisterte Erfinderin und hat einen Fusionator gebastelt. Dieses Gerät macht das, was der Name verspricht: Es fusioniert Dinge. Blöderweise landen gerade dann die Rabbids mit ihrer Zeitwaschmaschine in dem Jugendzimmer, als Fräulein Düsentrieb nicht zugegen ist. Einer von ihnen kriegt den Fusionator in seine Finger und richtet ein heilloses Chaos an. Weil unsere kleine Wissenschaftlerin ein großer Nintendo-Fan ist, befinden sich in ihrem Zimmer nicht nur Figuren von Mario und Co, an der Wand hängt auch das passende Poster.
Wenn man nun die verrückten Hasen, ihre Zeitmaschine mit Schleudergang und Nintendo-Merchandise miteinander kombiniert, dann kommt so etwas wie die Prämisse von Mario + Rabbids Kingdom Battle dabei heraus. Auch wenn ich jetzt einen ganzen Absatz zur Erklärung der Ausgangslage benötigt habe, so sei doch erwähnt, dass die Geschichte nicht im Mittelpunkt steht. Letztendlich geht es darum, dass das von den Rabbids angerichtete Chaos den Untergang des Pilzkönigreichs bedeuten könnte. Deswegen muss Mario mit seinen Freunden und ein paar Rabbids, die so aussehen wie die Nintendo-Recken, den Hasen finden, der den Fusionator trägt.
„XCOM“ in leicht?
Mario + Rabbids Kingdom Battle ist so, als wenn man die Kämpfe aus „XCOM“ genommen und in die Mario-Welt verfrachtet hätte, ohne den komplexen Basisbau mitzunehmen. Stattdessen durchlauft ihr vier unterschiedliche Welten – eben ganz klassisch wie in einem Mario-Jump-and-Run. Allerdings gibt es keine Hüpfpassagen. Stattdessen wird euer Hirn gefragt. Zwischendurch gibt es immer wieder kleine Rätsel, die wenig anspruchsvoll sind, aber immerhin für Abwechslung sorgen. Den meisten Hirnschmalz verlangen die rundenbasierten Kämpfe, die den Großteil der Spielzeit einnehmen. Hier bewegt ihr eure drei Helden, die ihr mitnehmen könnt, nacheinander über das Spielfeld und gebt ihnen den Befehl auf Gegner zu schießen, wenn sie in Reichweite sind. Ja, Mario, Luigi, Peach, Yoshi und ihre „Rabbid-Doppelgänger“ benutzen Schusswaffen. Das ist unüblich für ein Nintendo-Spiel, aber zum einen ist Mario + Rabbids Kingdom Battle ja gar nicht vom japanischen Traditionsunternehmen, zum anderen fehlt jegliche Form der Brutalität. Der Titel ist kinderfreundlich gestaltet – zumindest, wenn es um das Zuschauen geht.
Mehr Tiefgang als erwartet
Spielerisch richtet sich Mario + Rabbids Kingdom Battle an ältere Spieler. Denn das Kampfsystem hat mehr Tiefgang zu bieten, als man anfangs vermuten würde. In der ersten Welt sind die Möglichkeiten recht begrenzt, spätestens ab Welt Nummer 2 kommen aber die Spezialfähigkeiten der Charaktere zum Tragen. Generell ist jede der acht wählbaren Figuren, wobei euch zu Beginn nur Mario, Rabbid-Luigi und Rabbid-Peach zur Verfügung stehen, einer Rolle zugewiesen. Luigi beispielsweise ist der perfekte Sniper. Er verfügt über eine hohe Angriffsreichweite, kann aber nicht so viele Treffer einstecken. Rabbid-Peach wiederum erlernt später die Fähigkeit, ihre Kameraden zu heilen.
Hinzu kommt, dass ihr ab der zweiten Welt Zugriff auf Mini-Talentbäume für jeden Charakter bekommt. Neue aktive sowie passive Fähigkeiten schaltet ihr mit Energiekugeln frei, die ihr für erfolgreich bestandene Kämpfe erhaltet oder in Kisten findet. Im Vergleich mit anderen Rollenspielen ist das System sehr seicht. Doch in Kombination mit den Eigenschaften der Recken und den verschiedenen Waffen mit ihren Spezialfähigkeiten entwickelt sich dennoch eine Spieltiefe, die ich so im Voraus nicht von Mario + Rabbids Kingdom Battle erwartet hätte. Noch dazu motivieren die Dinge, die ihr freischalten könnt, stets zum Weiterspielen.
Verschenktes Potenzial im Mehrspielermodus
Mit dem Fortschritt im Solomodus schaltet ihr neue Teile einer Koop-Kampagne für zwei Spieler frei. Was nach einer coolen Idee klingt, entpuppt sich als kleine Enttäuschung: Die Multiplayer-Kämpfe könntet ihr auch alleine spielen, ihr müsstet bloß ständig den Controller austauschen. Beide Spieler übernehmen hier jeweils zwei Charaktere. Klar, der Modus macht Spaß und es ist schön, dass es ihn gibt. Aber theoretisch könntet ihr auch die Einzelspielerlevels zu zweit zocken und euch dabei immer abwechseln. Besonders schade: Einen PvP-Modus gibt es gar nicht.
Technisch macht Mario + Rabbids Kingdom Battle einen sehr runden Eindruck. Dass der Titel die gleiche Engine nutzt wie „The Division“, sieht man ihm natürlich nicht an. Aber die Mario-Welt ist liebevoll gestaltet, flimmert stets flüssig über den Bildschirm und alle Charaktere sind charmant animiert. Gerade die Details am Wegesrand fallen positiv auf, da sich hier auch immer wieder Objekte aus der Welt der Menschen finden lassen, die dank des Fusionators im Pilzkönigreich gelandet sind. Neben Peachs Schloss zum Beispiel steht eine große Toilette als Springbrunnen der etwas anderen Art. Die Musik gefällt mir richtig gut, Sprachausgabe gibt es jedoch bis auf die kurzen, Nintendo-typischen Sound-Bits nicht. Die Hasen schreien, Mario ruft mal „Wuhuu“, mehr gibt’s nicht. Aber irgendwie will man das in einem Mario-Spiel gar nicht anders, oder?
Fazit – Mario + Rabbids Kingdom Battle
Mario + Rabbids Kingdom Battle mag zwar ein Ubísoft-Spiel sein, es fühlt sich aber wie ein Nintendo-Titel an. Das Ding wirkt einfach so rund und geschmeidig wie ein Baby-Popo. Die Kämpfe machen Spaß, das Freischalten neuer Waffen und Skills nahezu süchtig. Und dann sind die Welten auch noch so liebevoll gestaltet, dass ich gerne mal stehen bleibe und mir einfach anschaue, was es im Hintergrund zu sehen gibt. Die Rabbids mag ich zwar immer noch nicht, aber sie sind mir auch nicht auf die Nerven gegangen.
Für mich zählt Mario + Rabbids Kingdom Battle zu den Must-Have-Titeln für die Switch. Man merkt, dass hier jemand sehr glücklich war, ein Spiel mit den Nintendo-Charakteren entwickeln zu dürfen. Es wirkt nicht wie das Ergebnis einer aus finanziellen Gründen eingegangenen Kooperation, sondern wie eine Liebeserklärung von Ubisoft an Nintendo, um den Kreis zur Überschrift dieses Artikels zu schließen.
Infobox
- Titel: Mario + Rabbids Kingdom Battle
- Entwickler: Ubisoft
- Publisher: Ubisoft
- Release: 29.08.2017
- Plattform: Nintendo Switch
- USK: 6
- Genre: Rundenstrategie, Rollenspiel
- Sprachw: Deutsch, Englisch, etc.
- Multiplayer: Ja
Bildquelle: Ubisoft