Er ist wieder da: Rufus, der vermutlich liebenswürdigste Egomane und Tunichtgut des Schrottplaneten Deponia. „Moment mal“, werden jetzt einige wohl denken, „sollte Rufus nicht eigentlich…?“ Ja, das ist eine berechtigte Frage. Tatsächlich ist das heftig umstrittene Ende der dritten Episode „Goodbye Deponia“ überhaupt erst der Grund, weshalb mit „Deponia Doomsday“ doch noch eine Fortsetzung entwickelt wurde. Aber was genau passiert denn nun mit Rufus nach dem Ende der Trilogie? Und kann er seinem Schicksal tatsächlich entkommen?
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Gefangen in der Zeitschleife
Das Spiel fackelt nicht lange herum, sondern startet direkt mit einem düsteren Ausblick auf die Zukunft von Deponia. Die Welt liegt in Trümmern und ist obendrein noch verseucht mit riesigen Echsenmonstern, die von den Deponianern nur ehrfurchtsvoll „Fewlocks“ genannt werden. Ein einsamer Wanderer erklimmt einen Turm, kämpft sich durch die Monsterhorden, nimmt seinen Helm ab – Überraschung, es ist Rufus! Ein alter, ergrauter und obendrein noch mit einem Schnauzer ausgestatteter Rufus. Oh Gott, ein Schnauzer! Ruckartig erwacht Rufus aus dem Albtraum, der ganz nebenbei damit endete, dass ganz Deponia in die Luft gesprengt wurde. Der Rufus den wir jetzt sehen hat mit alldem nichts am Hut. Er ist derselbe junge Draufgänger, der zu Beginn von „Deponia“ alles daran setzt, den Schrottplaneten hinter sich zu lassen und das paradiesische Elysium zu erreichen. Tatsächlich geht „Deponia Doomsday“ noch einen Schritt zurück und versetzt uns in die Zeit, in der Rufus und die coole Toni noch ein Paar waren. Umso mehr wundert sich Rufus über seinen seltsamen Albtraum. Eine Elysianerin, die sich in ihn verliebt, eine böse Fraktion, die Deponia auslöschen will, ein Pirat namens Bozo, der gar kein Pirat ist, dazu noch Rufus heroisches Ende, das aber trotzdem dazu führt, dass er als alter Mann die Welt durchstreift? Was zum Kuckuck? Ergibt das überhaupt noch einen Sinn?
Das hört sich erst einmal gefährlich stark nach einer Es-war-doch-alles-nur-ein-Traum-Ausrede an, aber keine Bange, nach wenigen Spielminuten wird klar, dass etwas noch viel bekloppteres hinter den ganzen Widersprüchen stecken könnte: Zeitreisen! Noch bevor Rufus seine nächste hoffnungslose Flucht von Deponia starten kann, gerät er an den merkwürdigen Zeitforscher McChronicle. Dieser donnert mit seinem Auto geradewegs in Tonis geliebte Kristallgläser – und damit nimmt das Unheil seinen Lauf. Ein absolut großartiges Unheil, wohlgemerkt, denn Rufus gerät auf seiner Odyssee durch Raum und Zeit immer wieder in lustige Situationen, in denen er – wie es die Tradition fordert – häufig das größtmögliche Chaos hinterlässt. So verschlägt es ihn beispielsweise tatsächlich nach Elysium – nur um die Wolkenstadt in Flammen stehend vorzufinden. Also reist Rufus durch die Zeit, um die Zerstörung zu verhindern. Blöd: Dabei wird er selbst zum Auslöser der Katastrophe. Typisch!
Länger, cooler, bissiger: Rufus kann’s immer noch!
Zu sagen, dass „Deponia Doomsday“ sehr kurzfristig angekündigt wurde, wäre mehr als untertrieben. Zwischen der Ankündigung am 25. Februar und dem Erscheinen am 1. März liegt nicht einmal eine Woche. Ein absolut gelungener Coup von Daedalic Entertainment, denn niemand hatte so richtig mit einer Fortsetzung gerechnet – und erst recht nicht so schnell. Sollte das Spieler beunruhigen? Nein, im Gegenteil, denn das Spiel bietet 20 Stunden gewohnte „Deponia“-Qualität – so umfangreich war bisher kein Teil der Reihe. Der Humor? Bissig und politisch inkorrekt wie eh und je! Die Figuren? Liebenswert und einprägsam – und ja, natürlich gibt es wieder jede Menge Schnabeltiere. Die Rätsel? Anspruchsvoll, aber (fast) immer nachvollziehbar und nicht ganz so abstrus wie in den Vorgängern. Tatsächlich gab es nur ein Rätsel, an dem wir länger zu knabbern hatten (Stichwort: Datasettenchaos auf Elysium!) und das, obwohl uns das Spiel immer wieder im Zeitfluss zurückversetzt und bereits erlebte Szenen noch einmal spielen lässt, was sich frustrierender anhört, als es ist.
Wie gewohnt gibt es auch hier wieder zahlreiche Minispiele, die sich auf Wunsch direkt überspringen lassen. Große Überraschungen bleiben dabei aus, dafür sind die Minispielchen genau wie die Zwischensequenzen hübsch anzusehen und bringen Abwechslung in den üblichen Spielablauf. Grafisch hat sich ansonsten nicht viel getan, was aber nicht schlimm ist, da „Deponia Doomsday“ den gewohnten Charme der Reihe geerbt hat. Dazu gehören auch die bekannten Synchronsprecher, die Rufus und co. ihre unvergesslichen Stimmen leihen. Die wichtigste Frage dürfte für viele Spieler jedoch die nach dem Ende sein: Wird es diesmal für Rufus ein waschechtes Happy End geben? Tja – das wird an dieser Stelle nicht verraten, denn wo bliebe denn da die Überraschung?
Lara Schulze
Bildquelle(n): eigene Screenshots aus „Deponia Doomsday“