Mit Sonic Forces wollen Sega und Team Sonic endlich wieder einen guten 3D-Ableger abliefern. Ob dies gelungen ist, erfahrt ihr in unserem Review:
Eine Geschichte des Scheiterns?
Seit dem Sprung in die dritte Dimension hat Segas Igel Sonic zunehmend an Glanz verloren. Doch die beiden Titel „Sonic Colors“ und „Sonic Generations“ zeigten, dass es auch besser geht. Sollte dies einen Aufschwung für das Franchise in die Wege leiten? Leider nicht, denn danach erlebte der blaue Igel mit „Sonic – Lost World“ und „Sonic Boom“ die größten Schattenseiten seiner Karriere seit dem berühmt berüchtigten „Sonic – The Hedgehog 2006“ (auch Sonic 06 genannt). Vor allem „Sonic Boom“ war von solch minderer Qualität, dass Sonic einen immensen Imageschaden davon trug. 2017 sollte jedoch alles besser werden. Der Igel feierte nämlich seinen 25. Geburtstag und das vor einigen Monaten veröffentlichte „Sonic Mania“ ist nicht nur ein würdiger 2D-Ableger, sondern auch unabhängig von der Nostalgie ein großartiges Spiel. Für „Sonic Forces“, Sonics großes, neues 3D-Abenteuer, wurden Teile des Teams hinter „Sonic Colors“ und „Sonic Generations“ verpflichtet, was zusammen mit dem noch wohltuend nachklingenden „Sonic Mania“ die Misere rund um „Sonic Boom“ fast schon vergessen macht und tatsächlich ein bisschen Optimismus zulässt – vergebens?
Für die Freiheit!
Doch beginnen wir zuerst mit dem Inhalt. „Sonic Forces“ will aus welchem Grund auch immer düster sein. Meines Erachtens nach für ein Sonic-Spiel zu düster. Die Story wirkt nicht nur inkonsistent und gehetzt, sondern vor allem wie ein Versuch tiefgründiger zu sein. Doch Leid und Tod machen eine Geschichte nicht automatisch tiefgründiger. Vor allem nicht, wenn sämtliche dieser Momente außer Kontext und absolut erzwungen wirken. So tötet Dr. Eggmans mysteriöser Partner „Infinite“ reihenweise Zivilisten, genießt deren Angst und bedroht andere damit ihnen ebenfalls das Leben zu nehmen. Sonic wird zeitweise gefangen genommen, gefoltert und in einem Internierungslager (sic!) festgehalten und die Welt verwandelt sich innerhalb eines sechsmonatigen Time-Skip in eine komplett zerstörte Postapokalypse.
Ich? Ein Held?
Hier komme ich ins Spiel. Denn ich bin ein neuer Rekrut, der dem Widerstand (angeführt von Knuckles) beitritt um Sonic zu retten und die Welt aus den Fängen Dr. Eggmans zu befreien. Mein selbsterstellter Held kann dabei eine von vielen Tierrassen annehmen (Bär oder Igel z. B.) und mit diversen Gegenständen ausgerüstet werden. Diese sind aber alle nur kosmetischer Natur und haben keinen Einfluss auf das Spiel. Die aus „Sonic Colors“ bekannten Wisps hingegen schon. Während Sonic dank der Macht der Wisps lediglich einen Turbo-Boost hinlegen kann, darf mein eigener Held auf mehrere Fähigkeiten und verschiedene Waffen wie z. B. einen Flammenwerfer (In einem Sonic-Spiel!) zurückgreifen. Außerdem taucht auch Retro-Sonic mitsamt eigener 2D-Level wieder auf, welche sofort an „Sonic Generations“ erinnern.
Schnell, schneller, zu schnell.
„Sonic Forces“ möchte mit seinem Level-Design prahlen und dabei noch schneller als je zuvor sein. Vorbei sind die Zeit eines „Sonic 06“ oder „Sonic Boom“, wo Sonic sich alle fünf Meter Out-Of-Bounce glitcht, durch Böden und Wände fällt oder selbst eigentlich automatisierte Sprünge mit dem Tod des blauen Igel enden. Dahingehend ist das Leveldesign inkl. der optischen Aufmachung wirklich kreativ und gut. Doch wir erwähnten bereits Sonics Turboboost. Dieser lässt Sonic in einem fast schon Autopilot-mäßigen Zustand durch die Level flitzen und macht ihn gegenüber normalen Gegnern zusätzlich unverwundbar. Zeit das Leveldesign näher zu erkunden? Nein. Herausfordernd? Nein. Spielerisch Interessant? Haha, nein. So ist jedes der insgesamt 30 Level in einer Zeit zwischen 60 – 180 Sekunden gemeistert und der Spaß, insofern man denn welchen hat, endet nach drei bis vier Stunden bereits. Zwar kostet „Sonic Forces“ „nur“ 39,99€, etwas enttäuschend ist der Umfang allerdings trotzdem.
Ein Igel kommt ins Rutschen
Im krassen Gegensatz dazu ist es absolut frustrierend, dass Team Sonic nach über einem Jahrzehnt 3D-Sonics immer noch nicht weiß, wie man 3D-Platformer richtig programmiert. Sonic (Egal ob in 2D- oder 3D-Abschnitten) steuert sich viel zu unpräzise, schlittert zu stark oder beschließt mal eben aus dem Stand zu beschleunigen. So frage ich mich bei einem virtuellen Ableben nicht selten „Wie zur Hölle konnte das passieren?“ anstatt das Gefühl zu haben etwas falsch gemacht zu haben inkl. der daraus resultierenden Lernkurve. Wenn sich selbst die Schnee- und Eis-Level eines „Super Mario Odyssey“ in denen Mario über Glatteis schlittert genauer spielen lassen, als „Sonic Forces“ in seiner Gesamtheit, sagt das leider viel über die Qualität des Gameplays aus.
Sonic Forces – Mein Fazit
Oh je… Was hatte ich mich nach den katastrophalen Ablegern „Sonic – Lost World“ und „Sonic Boom“ auf diesen Titel gefreut. Zwar ist „Sonic Forces“ deutlich besser als die beiden Titel, schafft es jedoch nicht sich qualitativ bei „Sonic Colors“ und „Sonic Generations“ einzureihen. Stattdessen führt es die Geschichte des Scheiterns der letzten Jahre zu meinem Bedauern fort. Das katastrophale Gameplay, die wirre, inkonsistente Geschichte und der zu geringe inhaltliche Umfang sorgen dafür, dass ich „Sonic Forces“ leider nicht empfehlen kann. Selbst wenn ihr absolute Fans des blauen Igel seid, die sich (wie ich selbst auch) sogar durch „Sonic 06“ gequält haben, lässt euch das Gefühl, dass „Sonic Forces“ so viel mehr hätte sein können, nicht los. Schade.
Bildquelle(n): Sega