Für viele (mich inbegriffen) war der Launch von No Man’s Sky einer der wichtigsten der letzten Jahre. Doch leider wurden die meisten schwer enttäuscht. Hässliche Worte, wie „Lügner“ und „Overhyped“ verbreiteten sich wie ein Lauffeuer im Internet. Auch wenn ich dieses Spiel wunderschön finde und eine Menge Spaß daran habe, gibt es einige Punkte, die man nicht ignorieren darf.
Wahnsinnig viel Potential
Doch lasst uns zuerst auf die Dinge eingehen, die No Man’s Sky richtig macht. Mit über 18 Trillionen Planeten hat Hello Games einen Spielplatz für uns Space-Pioniere geschaffen, der Seinesgleichen sucht. Diese Größe mag viele abschrecken, ich finde jedoch, dass damit ein enorm wichtiges Element für diese Art Spiel geschaffen wird: Isolation. Klar, ihr begegnet auf eurer Reise einigen Außerirdischen. Dennoch erfahrt ihr stetig ein Gefühl der Einsamkeit. No Man’s Sky schafft es, dass ihr euch klein und unbedeutend fühlt und dies ist tatsächlich eine willkommene Abwechslung zu all den Spielen, die euch als den „Auserwählten“ feiern.
No Man’s Sky ist ein wunderschönes Spiel. Punkt. Daran gibt es nichts zu rütteln. Die Farb-Schemen, die von Planet zu Planet, von Sonnensystem zu Sonnensystem variieren, erinnern stark an eine kitschige Darstellung von SiFi in den 80er Jahren. Ich habe bereits gut 2 GB an Screenshots gespeichert, die man allesamt als Wallpaper verwenden könnte. Vor allem die ersten Stunden im Spiel ließen mich immer wieder innehalten, um die visuelle Aufbereitung dieses Spiels zu bewundern. Sei es auf Planeten, oder im All.
Auch das Navigieren in eurem Raumschiff wurde gut umgesetzt. Man muss allerdings sagen, dass es bei Weitem nicht an die Komplexität von beispielsweise Elite: Dangerous heranreicht. Man hat auf eine User-freundlichere Steuerung zurückgegriffen, die trotz des Fehlens einiger grundsätzlichen Elementen (wie einen Schub-Antrieb nach links oder rechts / oben und unten) spaßig ist und die Neueinsteiger in die Space-Simulation nicht überfordert. Dennoch würde ich mich über einige optionale Steuerelemente freuen.
Es gibt noch ein paar weitere Gameplay-Funktionen, die gut umgesetzt wurden. Doch das waren die ausschlagkräftigsten für mich. Die Punkte, die mich gut 40-50 Stunden das Spiel genießen haben lassen. Ich liebe die Isolation. Ich liebe das Erkunden. Die großen Entfernungen zwischen Planeten. Das Fliegen in meinem Raumschiff. Der Rest? Nun ja…
Viel Lärm um Nichts?
Auch, wenn ich Gefallen an No Man’s Sky gefunden habe, darf man nicht außen vor lassen, dass uns dieses Spiel als so viel mehr verkauft wurde. Uns wurden riesige Weltraumschlachten versprochen, in denen man Seiten wählen und so sein Ansehen bei verschiedenen Rassen erhöhen könne. Anstatt dessen werden wir immer mal wieder von Piraten überfallen, die sich unsere Fracht aneignen wollen. Uns wurde gesagt, dass jedes Raumschiff unique wäre, sich anders steuern ließe und auf unterschiedliche Nutzung (Kampf, Erkundung, Handel) ausgelegt wäre. Doch jedes Schiff in No Man’s Sky ist (abgesehen von Aussehen und Frachtraum) identisch. Alle steuern sich gleich, alle verbrauchen gleich viel Treibstoff… Diese Traits können lediglich von craftbaren Modulen verändert werden, die man in jedes Schiff einbauen kann.
Das Handeln in No Man’s Sky sollte komplex sein und diejenigen, die sich lange genug damit auseinandersetzen, sollten höhere Gewinne erwirtschaften können. Das Spiel sollte schwierig sein. Uns wurde es sogar als Survival Game verkauft, in dem jeder Planet eine andere Herausforderung darstellen würde und den Spieler an seine Grenzen bringen würde…
Doch wir bekamen ein Grind-Fest vorgesetzt. Nicht nach XP, sondern nach Materialien. Ich habe gefühlt 80% der Zeit in No Man’s Sky mit dem Abbau von Gold, Eisen etc. verbracht. Das Crafting ist unnötig kompliziert. Vermutlich, um uns eine fehlende Tiefe dieses Systems vorzugaukeln. Das Erkunden der Planeten ist Anfangs aufregend und neu, aber nur so lange, bis man zum 20. Mal auf eine Basis von Aliens stößt, die den 19 anderen davor so stark ähnelt, dass man sich fragt, ob man nicht andauernd im Kreis läuft. Das gleiche gilt für die Interaktionen mit den Aliens.
No Man’s Sky – Verschenktes Potential
Die Liste geht noch lange so weiter. Dass das Spiel bereits nach kurzer Zeit repetitiv wird, brauche ich vermutlich keinem zu erzählen. Im Gegenteil: Man hat teilweise damit gerechnet, dass es ab einem bestimmten Punkt immer wieder das Gleiche sein würde. Allerdings trat dieser Punkt wegen dem Fehlen vieler angekündigten Features schon nach ein paar Tagen auf. No Man’s Sky verlor über 90% der Spieler auf Steam innerhalb der ersten Woche. 90 Prozent. NEUNZIG!
Aber warum? Weil No Man’s Sky ein schlechtes Spiel ist? Nein. Auch wenn es zum Launch – vor allem auf PC – zu einigen schwerwiegenden Problemen kam, wurden diese kurz danach behoben. Auch das Spiel an sich ist nicht per se schlecht. Was Hello Games mit diesem kleinen Team geleistet hat, ist kurzum der Wahnsinn! Und es gibt vieles, was das Spiel richtig macht! Doch sind wir ehrlich: No Man’s Sky ist ein Indy Game. Und für 20 Euro wäre das ein wundervoller Titel, in dem man sich immer wieder verlieren könnte. Doch den vollen Preis von 60-70 Euro zu verlangen ist – meiner Meinung nach – einfach nur frech. No Man’s Sky hat unglaubliches Potential. Ich hoffe, dass sie das in zukünftigen (KOSTENLOSEN) Updates weiter ausschöpfen. Denn ich bin mir sicher, dass ein tolles Spiel daraus werden kann. Bis dahin bleibt es jedoch nicht viel mehr als eine große Tech-Demo.
Qualität über Quantität, meine lieben Freunde!
Marius Kauer
Bildquelle(n): Hello Games