Dies ist die Woche, in der „Star Wars: Die letzten Jedi“ ins Kino kommen. Dem Blockbuster ist die Aufmerksamkeit einer soliden Fangemeinde gewiss – hier aber geht es um ein paar andere Kinostarts, die ebenfalls Beachtung verdienen.
Der Animationsfilm „Ferdinand – Geht STIERisch ab!“ ist besser, als sein reißerischer deutscher Titel vermuten lässt. Aus Frankreich kommt „Lieber Leben“, ein sehenswerter Spielfilm über einen jungen Mann, der mit Querschnittslähmung in eine Reha-Klinik gebracht wird. Der Film bringt das Kunststück fertig, das ernste Thema mit viel Humor anzupacken. „Die kanadische Reise“ von Philippe Lioret ist ein verhaltenes Drama über einen Sohn, der wissen will, wer sein verstorbener Vater war. Die Spurensuche während eines Besuchs in Kanada erweist sich als schwierig. Der Realismus dieses Films führt den Zuschauer atmosphärisch in die Irre, denn die eigentlichen Erkenntnisse finden auf einer emotionalen, nonverbalen Ebene statt.
Juliette Binoche ist der Star des Dramas „Meine schöne innere Sonne“. Sie spielt eine nicht mehr junge Frau, die sich nach der Liebe sehnt, aber mit den Männern sehr durchwachsene Erfahrungen macht. „Leaning into the Wind – Andy Goldsworthy“ ist Thomas Riedelsheimers zweiter Dokumentarfilm über den britischen Land-Art-Künstler. Goldsworthy verwendet nur Naturmaterialien für seine zum Teil sehr kurzlebigen Kunstwerke. Der Film porträtiert einen Menschen, der auf überraschende Weise kreativ ist, der spielerisch und gewitzt in einen Dialog mit der Natur und verschiedenen Landschaften tritt.
Lieber Leben
Regie: Grand Corps Malade, Mehdi Idir, Verleih: Neue Visionen
Benjamin (Pablo Pauly) ist ein sportbegeisterter junger Mann, doch ein fataler Sprung in ein Schwimmbecken ändert sein Leben radikal. Mit inkompletter Querschnittslähmung liegt der Franzose zunächst bewegungsunfähig im Bett. Dann kommt er in ein Sanatorium, um ein mühsames Training zu beginnen. Als er endlich in der Lage ist, im Rollstuhl zu sitzen, schöpft er Hoffnung. Nun kann er in den Speisesaal fahren und sich mit anderen jungen Patienten anfreunden, denen es ähnlich geht.
Der französische Regisseur, der sich Grand Corps Malade nennt, also Großer kranker Körper, ist in seiner Heimat als Hip-Hop-Musiker und Poetry Slammer bekannt. Hinter diesem Künstlernamen steckt Fabien Marsaud, der hier mehr oder weniger seine eigenen Erlebnisse schildert. Ein Jahr lang war er in einer Reha-Klinik und kämpfte mit sich und der drohenden Resignation. Die Charaktere dieses wunderbaren, authentischen Films reißen ständig Witze über ihre Situation und bestärken sich darin, ihre Lebenslust zurückzuerobern. Das ist aber trotz aller Scherze wahnsinnig schwer. Einen so stimmigen, herausragenden Film sieht man nicht alle Tage.
Ferdinand – Geht STIERisch ab!
Regie: Carlos Saldanha, Verleih: Twentieth Century Fox
Ferdinand ist ein Stierkalb, das in Spanien auf einer Ranch aufwächst, die Kampfstiere züchtet. Anders als die anderen Kälber ist er überhaupt nicht darauf erpicht, in die Fußstapfen der Väter zu treten und dem großen Tag des Kampfes in der Arena entgegenzufiebern. Als sein Vater nach einem solchen Kampf nicht zurückkehrt, reißt der verstörte Ferdinand aus. Er findet auf dem Land bei einem Bauern und seiner Tochter Unterschlupf und darf nun ein friedliches Leben führen, wie er es mag. Ferdinand wächst zu einem stattlichen Stier heran und ein Besuch im nahen Städtchen löst Panik aus. Er wird auf die Kampfstier-Ranch zurückgebracht. Wird es ihm wieder gelingen, zu entkommen?
Regisseur Carlos Saldanha („Rio“) ist ein wahrer Profi auf dem Gebiet der Animationskomödie. Dieses lustige Abenteuer, das auf einem alten Kinderbuch basiert, verfügt über ein gutes Timing und eine sehr gelungene Figurenzeichnung. Der kindliche Charme des Titelcharakters und tolle Slapstickeinlagen sorgen nicht nur bei jungen Zuschauern für gute Laune. Natürlich bezieht der Film Stellung gegen den Stierkampf und zwar auf kluge, erzählerisch sehr geschickte Weise.
Bianka Piringer
Copyright der Bilder: Neue Visionen Filmverleih, Twentieth Century Fox