Wollte man keinen der Kinostarts dieser Woche verpassen, müsste man jeden Tag zwei Filme anschauen und an einem sogar drei. Auf jeden Fall lohnt sich der Dokumentarfilmsektor, speziell Al Gores Bilanz über zehn Jahre Kampf gegen die Klimaerwärmung.
Dabei zeigt das Sequel „Immer noch eine unbequeme Wahrheit: Unsere Zeit läuft“, das Gores Engagement schildert, dass es sehr wohl möglich ist, Erfolge beim Klimaschutz zu erzielen. Der Solarenergiesektor ist viel rascher gewachsen als prognostiziert. Aber der Film führt auch noch einmal vor Augen, dass die in dem Oscar-gekrönten Dokumentarfilm „Eine unbequeme Wahrheit“ 2006 vorhergesagten Wetterkapriolen, die Gletscherschmelze, die Überflutungen und Dürrekatastrophen inzwischen eingetreten sind.
Im Bereich der Fiktion sind die Genres wieder breit gestreut, vom Actionfilm „Barry Seal – Only in America“ bis zum Kostümfilm „Meine Cousine Rachel“ nach dem gleichnamigen Roman von Daphne du Maurier.
Barry Seal – Only in America
Regie: Doug Liman, Verleih: Universal Pictures
Barry Seal (Tom Cruise) hängt Ende der 1970er Jahre seinen Job als TWA-Pilot an den Nagel. Denn die CIA hat ihm ein aufregendes Angebot gemacht: Er soll mit seiner eigenen kleinen Maschine die Camps der kommunistischen Rebellen in Mittelamerika überfliegen und fotografieren. Barry liebt das Abenteuer und das Risiko, das er auf eigene Faust beträchtlich vermehrt. Denn bald transportiert er auf dem Rückflug in die USA Kokain im Auftrag des Medellin-Kartells von Pablo Escobar. Bald schwimmt Barry Seal im Geld, aber er gerät auch ins Visier der Drogenbehörde und des FBI.
Regisseur Doug Liman strickt aus der wahren Geschichte des Multimillionärs Barry Seal eine fidele Actionkomödie, die ganz auf Tom Cruise zugeschnitten ist. Der Schauspieler ist als tollkühner Pilot und unbeschwerter Draufgänger ganz in seinem Element. Wenn sich Barry ins Fäustchen lacht, schwingt immer auch filmischer Spott über die US-Behörden mit, die ihn für ihre geheimen Missionen einspannten. Der Geist von Witz und Abenteuer, der diesen gelungenen Unterhaltungsfilm bestimmt, versteeht sich auch als Hommage an die Ära der 1980er Jahre.
The Circle
Regie: James Ponsoldt, Verleih: Universum Film
Die junge Mae Holland (Emma Watson) steht am Anfang einer vielversprechenden Karriere. Denn sie hat eine Stelle beim renommierten Internetkonzern Circle bekommen. Sie ist fasziniert von den Plänen des Chefs Bailey (Tom Hanks), der Internetgemeinde und der Firma selbst möglichst lückenlose Einsicht in alle Lebensbereiche der Menschen zu ermöglichen. Mae stellt sich freiwillig als Versuchsobjekt zur Verfügung und lässt jede Minute ihres Alltags live für das Netz filmen. Doch das führt zu gravierenden Problemen, die Mae in die Krise stürzen.
Der beklemmende Sci-Fi-Thriller über die schöne neue Welt der Internet-Transparenz basiert auf dem gleichnamigen Roman von Dave Eggers. Emma Watson spielt Mae hervorragend, wie sie hin- und hergerissen ist zwischen Neugier und Irritation. Die Internet-Euphorie, die im Silicon Valley herrscht und bei all jenen, die an die selbstregulierenden Kräfte der globalen Community glauben, wird gründlich infrage gestellt. Denn es hapert mit dem Demokratieverständnis, wenn die Circle-Mitarbeiter verkennen, dass sich Gesetze und Funktion eines Staates nicht auf das Internet übertragen lassen und schon gar nicht auf einen Konzern.
Meine Cousine Rachel
Regie: Roger Michell, Verleih: Twentieth Century Fox
Die letzten Briefe, die der junge Engländer Philip (Sam Claflin) von seinem Cousin und Vormund Ambrose aus Italien erhielt, waren beunruhigend. Philip ist überzeugt, dass Ambroses Witwe, Cousine Rachel (Rachel Weisz), etwas mit seinem frühen Tod zu tun hat. Als Rachel zu Besuch in die Landvilla kommt, die nicht sie, sondern Philip von Ambrose erbt, gerät der junge Mann schnell in ihren Bann. Er verliebt sich in die fröhliche, weltgewandte Frau und fasst einen folgenreichen Entschluss. Aber an seinem 25. Geburtstag gibt es ein böses Erwachen.
Roger Michell verfilmt den im 19. Jahrhundert spielenden Roman von Daphne du Maurier werktreu. Das heißt auch, dass er die düstere, rätselhafte Thrilleratmosphäre des Romans gut auf die Leinwand überträgt. Rachel Weisz spielt die undurchsichtige Cousine, die Philip genauso den Kopf verdreht wie einst Ambrose, schillernd und charismatisch. Der von Melancholie durchzogene, auf altmodisch unaufgeregte Weise erzählte Film bezieht seinen Suspense konsequent aus der Frage, ob Rachel Böses im Schilde führt oder nicht. Sam Claflin spielt den naiven, rettungslos verliebten Philip hervorragend.
Bianka Piringer
Copyright der Bilder: Universal Pictures, Universum Film, Twentieth Century Fox